Am Donnerstagvormittag schrieb k2020 über einen Bericht im Magazins „News“ (Donnerstag-Ausgabe) über die Prüfung des Kärntner Landesrechnungshofs der Wahlkampf-/Jubelbroschüre des Landes Kärnten. Am Nachmittag bekam k2020 diesen Rohbericht ebenfalls zugespielt. Der Bericht selbst und das was k2020 noch herausgefunden hat, bergen einiges an Brisanz.
Die Geschichte hinter dieser Broschüre hat alles, was man als Beobachter der Kärntner Politik erwarten darf:
- Versteckte Parteienfinanzierung
- Schlampiger Umgang mit Steuergeld
- Querfinanzierungen mitsamt Hin- und Herüberweisungen zwischen der Landesregierung und Landesgesellschaften
- Beliebige Vergabe von öffentlichen Aufträgen
Und sie riecht verdammt nach Korruption. Aber lesen Sie selbst …
Und: Für alle genannten Personen gilt bis zu einer etwaigen Verurteilung freilich … Sie haben’s erraten … die Unschuldsvermutung.
Die Broschüre
Am 25. Februar 2009 lag der Kärntner Woche (Auflage 2010: 219.526 Stück) eine Hochglanzbroschüre des Landes Kärnten bei. Dass dies nur wenige Tage vor der Landtagswahl am 1. März 2009 geschah, war wohl ebenso wenig ein Zufall wie Inhalt und Aufmachung.
Die Broschüre trug den Titel „Wir bauen das moderne Kärnten | Garantiert“. Layout, Slogans und Fotos der BZÖ-Politiker Gerhard Dörfler, Harald Dobernig und Uwe Scheuch sorgten dafür, dass man sie für ein Werbemittel des BZÖ halten musste. Bezahlt wurde sie zum überwiegenden Teil vom Land Kärnten.
Der Broschüre lag eine DVD mit einem Imagefilm über Kärnten bei. Auf YouTube findet sich noch eine Version davon:
Die Entstehungsgeschichte
Die Broschüre wurde anfangs nicht für Wahlkampfzwecke erdacht. Ursprünglich sollte sie ein Werbemittel für die Ansiedelung von Betrieben in Kärnten sein.
23. Oktober 2007: Auf ausdrücklichen Wunsch des Landeshauptmannes Jörg Haider wurden die Marketingverantwortlichen von Landesgesellschaften in den Spiegelsaal am Arnulfplatz zitiert. Stefan Petzner erklärte laut EAK-Protokoll Haiders Wunsch nach einer Imagebroschüre samt Video des Landes. Die vielen Vorzüge des Landes Kärnten gingen bei all dem Image von Seen und Bergen unter. Außerdem sollen Landesgesellschaften darin entsprechend dargestellt werden.
Kalkuliert wurde mit einer Auflage von 50.000 Stück und Projektkosten von 330.000 Euro.
Eine Arbeitsgruppe wird eingesetzt.
3. März 2008: Der Startschuss erfolgt, die Finanzierung wird wie folgt aufgestellt:
Die genauen Kosten folgen weiter unten.
Am 13. Jänner 2009 bzw. 1. April 2009 kamen noch die Landesamtsdirektion sowie die Abteilung 6 der Landesregierung (Bildung, Generationen und Kultur) mit jeweils 5000 Euro als weitere Financiers dazu. Das Projektmanagement liegt bei der Landesimmobiliengesellschaft (LIG), die dafür in der Folge 13.663,20 Euro kassieren sollte.
30. September 2008: Film und Broschüre sind fertig und wird intern präsentiert.
11. Oktober 2008: Landeshauptmann Haider stirbt, das Projekt wird auf Eis gelegt.
Jahreswechsel 2008/2009: Die fast fertige Broschüre wird von Stefan Petzner wieder ausgegraben und adaptiert. Der RH-Bericht dazu:
Auf gut Deutsch: Aus der fertigen Imagebroschüre und dem Imagevideo für das Land wurde in kürzester Zeit eine Wahlkampfbroschüre des BZÖ (heute FPK). Texte wurden angepasst, Fotografen schossen neue Fotos, Videosequenzen von Dörfler, Scheuch und Dobernig wurden nachträglich eingebaut und das Impressum geändert.
25. Februar 2009: Die Broschüre liegt der Ausgabe Nr. 8 der Kärntner Woche bei und wird so an beinahe alle Kärntner Haushalte verteilt.
Oktober 2009: Das Projekt der Imagebroschüre wird wieder aufgegriffen. Bei einer Klagenfurter Druckerei werden schließlich 2500 Stück zum Druck in Auftrag gegeben.
30. August 2010: Der Rechnungshof informiert die LIG über das Prüfungsvorhaben.
25. Jänner 2011: Der Rechnungshof stellt seinen Rohbericht fertig. Dieser liegt nun k2020 vor.
Die Kosten der Broschüre
Penibel listet der Rechnungshof die Kosten für die Broschüre auf.
Nicht in dieser Kostenaufstellung enthalten sind die Druckkosten für die mit der Kärntner Woche verteilten Broschüren. Die wurden vermutlich ebenso wie die Distributionskosten von der Partei übernommen – zumindest werden diese nicht im Rechnungshofbericht erwähnt.
Die FPK-Zahlung
Anders als die Kleine Zeitung in ihrer Donnerstags-Ausgabe berichtet, dürfte die Sache weniger ein BZÖ- als ein FPK-Problem sein. Wohl auch aufgrund der enormen medialen Berichterstattung und ob des Einschreitens der Korruptionsstaatsanwaltschaft musste die Partei einen Teil der Kosten refundieren. Nicht zuletzt wurde in dieser Causa auch die Immunität von Stefan Petzner, aktuell BZÖ-Generalsekretär und ehemals Wahlkampfleiter des BZÖ, aufgehoben.
Der Rechnungshof listet die Kostenübernahmen auf:
Dass Broschüre und DVD klar einer wahlwerbenden Gruppe (BZÖ/FPK) zuzuordnen ist, erwähnt der Rechnungshof und wird an mehreren Stellen deutlich. Während die Partei 100 Prozent der DVD-Produktionskosten übernahm und vermutlich auch den Druck und die Distribution der Broschüre bezahlte, überließ man 85 Prozent der Kosten für Text, Layout, Foto und Film dem Steuerzahler.
Bezahlt haben die Freiheitlichen in Kärnten (FPK) dies in zwei Überweisungen sechs bzw. acht Monate nach Rechnungserhalt. Der Rechnungshof dazu:
In seinen zusammenfassenden Feststellungen meint der Rechnungshof, dass die 15 Prozent Kostenübernahme zu gering seien.
Im Klartext: Dem Land Kärnten wird empfohlen, hier Geld nachzufordern. Ob das Land dieser Forderung nachkommt, ist offen. Bislang wurden Empfehlungen des Rechnungshofs des schon Öfteren ignoriert.
Illegale Parteienfinanzierung?
Im Rohbericht des Rechnungshofs klingt der Vorwurf der Parteienfinanzierung immer wieder durch. Schauen wir uns die Sache anhand eines Beispiels näher an. Unter Zusatzarbeiten wird u.a. einen Posten aufgeführt: „Bildaufnahmen Wappensaal/LH Dörfler, LHStv. Scheuch, LR Dobernig“ und deren Bearbeitung (Fa. XXXX, Name der Redaktion bekannt, Rechnung vom 09.02.2009).
Rein zufällig finden sich die drei genannten Herrn im Wappensaal wieder und wurden von vermutlich eben jenem Fotografen für ein BZÖ-Sujet abgelichtet.
Das Foto entstand übrigens mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit am selben Tag, an dem nachträgliche Dreharbeiten der Videofirma durchgeführt wurden.
Man vergleiche dazu die Krawatte von Gerhard Dörfler am Wahlinserat mit jener im Video ganz oben in der Szene im Wappensaal beim Zeitmarker von exakt 09:00 Minuten. Scheuch und Dörfler haben sich wenigstens noch die Mühe gemacht, die Jacke zu wechseln. Dobernig blieb übrigens gleich angezogen.
Ein ultimativer Beweis ist das zwar nicht, aber zumindest eine „smoking gun“.
An anderer Stelle (siehe Faksimile der Broschüre ganz oben) sieht man auch deutlich, dass sich eine Partei für eine Broschüre (vermutlich kostenlos) im Fundus der (von der Landesregierung bezahlten) Fotografen des Landespressedienstes (LPD) bedienen kann. Dem normalen Bürger ist dies jedoch untersagt …
Der 15-Prozent-Schmäh ist wirklich perfide: Die Partei bezahlt 15 Prozent aus eigener Kassa und lässt 85 Prozent ungeniert die Landesregierung berappen. So spart man sich den Großteil der Fotografen-Honorare, der Kosten für Broschürenerstellung oder der Videoproduktion.
Die Frage stellt sich, was der Steuerzahler sonst noch auf diese Art und Weise bezahlt hat, wobei es weniger oder kaum Druck in der Öffentlichkeit gegeben hat.
Halbwahrheiten und lockerer Umgang mit Steuergeld
Gerade weil diese Zahlen nun öffentlich sind, muten so manche Aussagen von Politikern sowie die genannten Zahlen mehr als seltsam an.
Am Mittwoch zitiert ORF Kärnten eine schriftliche Stellungnahme der LIG. Darin heißt es:
„Die Gesamtkosten sollen 430.000 Euro betragen haben, der Zuschuss des damaligen BZÖ betrug 250.000 Euro.“
Finanzlandesrat Dobernig wollte mit dem ORF nicht reden und verwies nur auf obige Stellungnahme der LIG. Woher diese Zahlen stammen, ist ein Rätsel. Der Rechnungshof listet die Endabrechnung des Projekts „Wir bauen das moderne Kärnten | Garantiert“ Projektkosten von 391.663 Euro und einen Beitrag der FPK in der Höhe von 119.393,70 Euro auf.
Bei der Vergabe von Aufträgen ist man scheinbar auch nicht allzu penibel. So kritisiert der Rechnungshof etwa die Vergabe des Fotografenauftrags an dem Projekt:
Außerdem wird Geld scheinbar nach Belieben hin- und herverschoben. So bekam die Entwicklungsagentur eine Sonderförderung von 104.663 Euro – offenbar nur, um diese wieder in das Projekt zu geben und an die LIG zu überweisen.
Warum ausgerechnet die Landesimmobiliengesellschaft eine Imagebroschüre und ein Video für das Land bzw. BZÖ-/FPK-Politiker machen muss, entzieht sich jeder Logik. Das kritisiert jedoch auch der Rechnungshof:
Dann könnte man sich noch fragen, ob die im Herbst 2009 überarbeitete, tatsächliche Imagebroschüre des Landes dann doch nur ein Alibi war. Der Rechnungshof dazu:
Pikantes Detail aus dem Bericht:
Auf Nachfrage des LRH über den Verbleib der restlichen nicht ausgelieferten Broschüren und DVD’s (ca. 500 Stück) teilte die Geschäftsführung mit, dass sich die Restexemplare zwar in den Räumlichkeiten der LIG befinden sollten. Allerdings konnte der Geschäftsführer auch nach Durchsicht des Archivs bis dato die abgängigen Exemplare nicht auffinden.
Nach wie vor gäbe es Lücken, die Endabrechnung mit den Landesgesellschaften sei laut Rechnungshof immer noch nicht vollständig. Weiters wird kritisiert, dass die Kontrolle der Abwicklung ebenso fehlte wie das eigentliche Interesse der Zahler an der Kampagne.
Anmerkung: AKL = Amt der Kärntner Landesregierung
Weiters wird kritisiert, dass es keine Regelungen hinsichtlich des Urheberrechts gab. Für den Rechnungshof scheint es sich offensichtlich um Wahlwerbung gehandelt zu haben.
Daher kann dieser …
„… die Richtigkeit des Ausweises des Amtes der Kärntner Landesregierung als Herausgeber im Impressum der im Wahlkampf verteilten Broschüren und DVD’s nicht nachvollziehen.“
Keine Freunde gemacht
Drei BZÖ-/FPK-Regierungsmitglieder machen eine Wahlkampfbroschüre (sonst hätten sie nicht einen Teil selbst bezahlt) und pressen eine DVD. Der Film darauf sollte eigentlich Kärnten bewerben und weniger die Politiker und ihre Partei.
Man darf sich fragen, ob das den dargestellten Personen Recht war: Wollten Sängerin Sandra Pires, Schauspielerin Ornella Muti, Thermenhotelierin Simone Ronacher, Touristiker Otmar Michaeler, die Manager Klaus Pekarek und Franz Mlinar, Historikerin Claida Fräss-Ehrfeld, Wissenschafter Christian Bettstetter und viele andere mehr Teil einer Jubel-Wahlbroschüre sein?
Stefan Petzner dazu in einem Leserbrief in der KTZ:
„Und schließlich halte ich noch fest, das (sic!) sämtliche Personen, die in Film und Broschüre vorkommen, ihre Zustimmung für ein Statement und dessen Veröffentlichung gegeben haben. Alle diese Zustimmungserklärungen sind penibel dokumentiert und können jederzeit eingesehen werden.“
Freilich … für eine Kärnten-Werbebroschüre. Aber gibt es diese Zustimmungen auch für eine BZÖ-/FPK-Broschüre?