Umweltverschmutzer und Geldverschwender

Ich war heute Kärntner Landtag. Schon der allererste Blick fällt einem auf, wie man locker einen sechsstelligen Betrag während einer gesamten Regierungsperiode einsparen kann.

Tintenburg

Geschätzte 1500 Seiten (oder noch mehr, weil doppelseitig kopiert) liegen da vor jedem Abgeordneten am Pult. Ausgeteilt wurden sie vor der Sitzung von Beamten. Unmittelbar nach Beginn der Sitzung begann das Wegwerfen – etwa die Hälfte der Pakete landete binnen 20 Minuten in die Nischen bei den Fenstern. Die andere Hälfte lag zumeist ungeöffnet und unangeschaut auf den Tischen. Zumindest bis Mittag hat sich niemand für das Konvolut interessiert.

Die Sache brachte mich zur Frage, wie viele Kopien, denn im Landtag pro Jahr angefertigt werden. Eine E-Mail reichte aus, um an die Antwort zu kommen: Im Jahr 2008 wurden 1.481.726 Kopien angefertigt – die meisten davon doppelseiteig, weshalb rund 800.000 Stück Papier.

In fünf Jahren ergibt das 7,5 Millionen Kopien oder vier Millionen Blatt Papier. In Summe ergibt dies einen Stapel an Kopierpapier (ungeöffnete Blöcke) von fast 50 Metern. Zum Vergleich: Das höchste Haus Klagenfurts, das Rothauerhochhaus, ist in etwa gleich hoch.

Rothauer Hochhaus

Das Schlimme: Das muss auch noch entsorgt werden!

Es geht auch billiger: Wie wäre es etwa, wenn die Abgeordneten elektronische Dokumente nutzen würden? Das Match Technik gegen Abgeordnete haben letzter übrigens mit 35:1 gewonnen. Nur einer nutzte seinen Laptop während der Sitzung.

einer

Utopie? Mitnichten! In anderen Landtagen Österreichs ist der elektronische Akt schon Usus. Bei uns kommt allerdings ein anderes Problem dazu: Lederhose sticht Laptop und derweil wird im Landtag darüber diskutiert, ob das Kreuz in Schulen hängen bleiben wird (was ein Gesetz im Verfassungsrang ist), ob Sicherheitsgurte Verkehrstote verhindern würden oder ob das Land Kärnten mit Steuergeld jedem Kärntner eine Fahne kaufen soll.

Wer da nicht stolz auf seinen Landtag und die Demokratie ist …

Datenbank für mehr Demokratie

Eigentlich kann es einem ja egal sein, wenn Landeshauptmann Gerhard Dörfler doppelseitige Inserate gegen Ortstafeln oder für Kreuze in Schulklassen schaltet. Eigentlich muss man sich nicht darüber aufregen, dass Landesrat Josef Martinz mit seinem Gesicht Schihelme in der Kronen Zeitung anpreist. Und wenn Uwe Scheuch seine Leidenschaft für Nationalparks preisgibt, kann uns das auch recht sein.

doerfler-inserat

Es sei denn, wir bezahlen dafür. Die Flut an Inseraten der Regierungsmitglieder ist nicht nur teuer, sondern für die Demokratie höchst gefährlich.

Beispiel Landtagswahl 2009:

Steuergeld-Wahnsinn

Der Bürger bezahlte mit Steuergeld im letzten Wahlkampf mehrere Millionen Euro (geschätzt) für Inserate von Regierungsmitgliedern. Die Flut an Werbematerialien war so arg, dass man von Wahlmanipulation sprechen muss. Beim Wahlvolk musste ja der Eindruck entstehen, dass kein Politiker außerhalb des BZÖ etwas arbeitet. Alle anderen gingen komplett unter.

So etwas darf NIE WIEDER vor einer Wahl passieren!

  • Es muss für den Bürger ersichtlich sein, was eine (von ihm) bezahlte Anzeige und was ein redaktioneller Beitrag ist. Das kleingedruckte “Anzeige” reicht dafür nicht.
  • Es muss jedem Bürger klar sein, wie viel er dafür ausgibt.
  • Inserate mit parteipolitischen Botschaften können durchaus geschalten werden – auf Kosten der jeweiligen Parteien.
  • Acht Wochen vor einer Wahl dürften Regierungsinserate mit dem Gesicht eines Politikers nur noch auf Parteikosten geschalten werden.

Eine Datenbank als Lösung

Wie erreicht man das? Man macht das Schalten von Inseraten transparent.

  1. Der Bürger sieht ein Inserat eines Politikers (und ärgert sich).
  2. Auf http://www.k2020.at/inserate wird es eine Datenbank geben, wo alle Bürger nach dem Wikipedia-Prinzip Anzeigen-Sichtungen melden können:
    • In welchem Medium, wie groß und auf welcher Seite?
    • PDF, Scan oder Handyfoto vom Sujet als Attachment
    • Wer ist zu sehen? Welches Thema wird beworben?
  3. Die Anzeigenpreise praktisch aller Medien sind online und so würden sich einige Berechnungen anstellen lassen
    • Welches Regierungsmitglied hat für wie viel Euro Inserate geschalten?
    • Wie viel wurde insgesamt Werbung betrieben?
    • Welche Partei ist am “großzügigsten” mit ihrer Art der “Presseförderung”?
  4. Ein Check kontrolliert die Angaben und scheidet Doppeleinträge aus.
  5. Das Ergebnis müsste einerseits auf der Website angezeigt werden und sich viral verbreiten (z.B. Button auf Websites einbauen) lassen.

Wer ist dabei?

Wie aufwendig ist so etwas? Was kann ich an Planungs-Input vorab liefern? Wer würde bei so einer Datenbank/Webanwendung mithelfen wollen/können? Es bräuchte dazu übrigens nicht nur Informatiker sondern auch Webdesigner und Leute, die einfach nur logisch denken können.

Wie viel kosten die Inserate der Regierung?

auskunftsbegehren-inserate Ich habe ja schon einmal Gebrauch vom Auskunfts-Pflicht-Gesetz gemacht. Und jetzt muss es wieder einmal sein. Sämtliche PDF-Dokument gibt’s zum Download.

Sehr geehrter Herr Mag. Dobernig,
Sehr geehrter Herr Landesrat!

Ich mache vom Kärntner Informations- und Statistikgesetz, dem Bundes-Auskunftspflichtgesetz sowie vom Artikel 20 des Bundesverfassungsgesetzes Gebrauch und begehre folgende Auskünfte:

1. Wie viel Geld floss aus Mitteln der Kärntner Landesregierung im Jahr 2008 und 2009 (Q1 – Q3) an Marketingausgaben (beispielsweise Print-Anzeigen, Prospekte als Beilagen zu Printmedien, Postwurf-Sendungen, Marketing-Beiträge für Werbekooperationen, Online-Kampagnen oder Rundfunk-Spots) für die einzelnen Regierungsmitglieder?

Referent 2008 Q1 bis Q3 2009
Jörg Haider (BZÖ) _____._____ Euro
Gerhard Dörfler (BZÖ) _____._____ Euro _____._____ Euro
Uwe Scheuch (BZÖ) _____._____ Euro _____._____ Euro
Christian Ragger (BZÖ) _____._____ Euro
Harald Dobernig (BZÖ) _____._____ Euro
Josef Martinz (ÖVP) _____._____ Euro _____._____ Euro
Reinhard Rohr (SPÖ) _____._____ Euro _____._____ Euro
Peter Kaiser (SPÖ) _____._____ Euro _____._____ Euro
Nicole Cernic (SPÖ) _____._____ Euro _____._____ Euro

2. In welchen Größenordnungen konnten die Regierungsreferate Rabatte vereinbaren? Wie hoch ist der durchschnittliche Rabattsatz?

3. Wo im Rechnungsabschluss (unter welcher Position/unter welchen Positionen) finden sich die in Frage stehenden Aufwendungen?

Ich freue mich auf eine detaillierte und umfassende Aufstellung sowie eine rasche Erledigung. Dieses Auskunftsbegehren fällt eindeutig unter die in §1 des K-ISG:

  • Es betrifft eine Materie, die keiner gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt,
  • Es betrifft ein Zahlenwerk, das mir unmittelbar nicht zugänglich ist,
  • Es betrifft keine individuellen Bürger, weshalb es auch keinen Persönlichkeitsschutz gibt.
  • Es betrifft eine Materie, die dem zur Auskunft verpflichteten Organ zum Zeitpunkt der Einbringung des Auskunftsbegehrens aufgrund seiner Tätigkeit bekannt sein sollten und nicht erst zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht aufwendig beschafft oder erarbeitet werden müssen.

Ich danke Ihnen bereits jetzt für Ihre Antwort und verbleibe mit besten Grüßen.
Georg Holzer

2010, das Jahr der Karotte

Update: Weil’s ein paar Leute gemeint haben – das bitte, ist KEINE Satire. Das ist trauriger Ernst.

Erst hab ich gedacht, ich bin irgendwo angerannt und nicht mehr im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte. Aber es hat sich wirklich so abgespielt. Meine Kollegin schwört es mir zumindest.

Am 29. Oktober erscheint in der Kärntner Woche ein Interview mit unserem Herrn Landeshauptmann.

„Spüre die Sehnsucht“ – Ein Don Quichotte im Kampf gegen den Zeitgeist? LH Dörfler sieht sich eher als einen, der „Trends erkennt“.

doerfler-woche

Die Lösung ist also ebenso einfach wie simpel: Wir müssen nur Gemüse im Garten anpflanzen und schon können uns Kärntnern weder diese noch kommende Krisen etwas anhaben. Eine Lösung, wie sie nur von einem sehr einfach gestrickten Menschen kommen kann.

Gemüse anpflanzen ist ohne besser, als würden die Leute an sich arbeiten, sich neue Dinge beibringen, etwas dazulernen oder umschulen. Wer braucht schon sowas wie Bildung? Ist ja mit Lesen und Nachdenken verbunden – das will man dem Volk ja wirklich nicht antun.

Irgendwer hat scheinbar nachgedacht und hat den Landeshauptmann damit aufgezogen. „Kleingärten seien höchstens was für Kleingeister“, soll sogar jemand gesagt haben. Was macht ein resoluter Landeshauptmann, der seine Idee ins Lächerliche gezogen sieht? Er holt zum Gegenschlag (gegen Kärnten?) aus!

Karotten, Wiki Commons by 4028mdk09

Am vergangenen Dienstag im Pressefoyer nach der Regierungssitzung (einem der höchsten Gremien dieses Landes) spricht Dörfler:

Es sei ein Witz, dass die Idee von Kleingärten lächerlich gemacht werde. Internationale Trendforscher würden ihm das bestätigen und er sei damit „nahe an den kleinen Leuten“.

Gerhard Dörflers Idee darauf hin: Er ruft 2010 zum Kärntner Jahr der Karotte aus. Er habe sich an seine Volksschul-Lehrerin erinnert, die ihm gesagt haben soll: „Karotten sind gut für die Augen.“

KEIN WITZ, das ist weder erfunden, noch erstunken, noch erlogen! Das ist trauriger Ernst. Und teurer Ernst auch noch, denn der Landeshauptmann hat auch schon Ideen zur Vermarktung. Es soll Kochbücher mit Karotten-Rezepten geben, Wissenswertes über Karotten soll (vermutlich in Form von teuren Inseraten) unters Volk gebracht werden.

Übrigens: 2010 wird außerhalb Kärntens auch gefeiert – als „Europäisches Jahr zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Armut“. Lieber Gerhard, vielleicht geht das mit Bildung ein bisserl einfacher als mit ein wenig Gemüse …

Die Richtung, bitte …

Wer eine Vision hat, braucht einen Arzt, soll Franz Vranitzky einmal gemeint haben. Ich meine, dass gerade das Gegenteil der Fall sein sollte. Wer nicht weiß, wohin sich ein Land bewegen soll und keine Strategie zum Regieren hat, soll davon gejagt werden.

Eure Meinung dazu?

Wohin soll sich Kärnten im Jahr 2020 entwickelt haben?

  • Soll jetzt mit Bildung der Weg bereitet werden für ein gutes Auskommen in der Informationsgesellschaft?
  • Sollen jetzt interkulturelle Kontakte gefördert werden, damit sich junge Kärntnerinnen und Kärntner später in einem noch globaleren Dorf leichter tun?
  • Soll das Land etwa durch höhere Steuern auf fossile Energien und Investitionen in den öffentlichen Verkehr zum einzigen Öko-Musterland Österreichs werden?

Die Politik kennt weder solche Fragen noch hat sie Antworten auf ähnliche. Helfen wir ihr weiter!

Wohin soll Kärnten steuern? Welche größeren Ziele soll die Politik verfolgen? Sagen wir’s unseren Angestellten! Meinungen ins Kommentarfeld.