Ein perfektes Beispiel, wofür wir in Kärnten OpenGovernment-Prinzipien brauchen, ist der Umgang mit dem Steuergeld. Was in anderen Bundesländern eine Selbstverständlichkeit ist, gibt es hier nicht. Der folgende Fall (und speziell das untenstehende, stenografische Protokoll der Landtagssitzung vom 29. Oktober 2008, ab Seite 5971) zeigt, wie ohnmächtig alle Parteien sind. Die Zuerkennung der Dringlichkeit bedarf es einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Und die gibt es ohne die Regierenden nicht. Und so bleibt alles, was man nicht mag, ewig lange in Ausschüssen sitzen.
Gesetze werden zur reinen Makulatur – das nennt man dann im Süden einen Rechtsstaat!
Doch jetzt zum Thema:
Jeder Selbständige in Österreich muss eine Steuererklärung abgeben. Jede Firma muss Bilanz legen. Jeder kleine Angestellte muss von Haus aus Steuern zahlen und darf sich im Nachhinein zu viel Bezahltes zurück holen.
Das Land Kärnten muss von all dem nichts. Klar, Steuern bezahlen ist nicht das Kerngeschäft einer öffentlichen Verwaltung. Aber es ist verpflichtet, Budgetvorschau und Budgets zu erstellen sowie über seine Mittelverwendung Buch zu führen und darüber zu berichten. Dafür gibt es Gesetze, deren Einhaltung jedoch niemand kontrolliert oder kontrollieren will/kann. Ist Österreich ein Rechtsstaat, wenn so etwas in einem Teil Österreichs möglich ist? Immerhin geht es hier um rund zwei Milliarden Euro!
Für die Jahre 2006 und 2007 gibt es keine Rechnungsabschlüsse, für 2009 noch immer kein Budget. Ist scheinbar nicht dringend … Wenn Daten nicht vorgelegt werden, muss zwangsläufig der Eindruck entstehen, es müsste etwas vertuscht werden.
Hier übrigens noch der Link zu den bislang bekannt gegebenen Budgets/Rechnungsabschlüssen des Landes.
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10. Ldtgs.Zl. 45-29/29:
Dringlichkeitsantrag von Abgeordneten des SPÖ-Klubs betreffend Rechnungsabschluss 2006, Rechnungsabschluss 2007, Landesvoranschlagsentwurf 2009 und Budgetbericht mit folgendem Wortlaut:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Kärntner Landesregierung wird aufgefordert, dem Kärntner Landtag – gemäß den verfassungsgesetzlichen Vorschriften – umgehend folgende Unterlagen vorzulegen: vollständige schriftliche Beantwortung der von den Landtagsfraktionen zum Rechnungsabschluss 2006 gestellten Fragen; Vorlage des Rechnungsabschlusses 2007; Vorlage eines Nachtragsvoranschlages 2008; Vorlage eines Landesvoranschlagsentwurfes 2009 samt Budgetbericht; Offenlegung aller budgetären und außerbudgetären Schulden; sofortige Eingliederung aller Landesgesellschafen in die Kärntner Landesholding und Offenlegung der Kärntner Privatstiftung, der Freunde der Seebühne und der EADS-Stiftung.
Vorsitzender Erster Präsident (F): Lobnig
Zur Begründung der Dringlichkeit hat sich Abgeordneter Schlagholz gemeldet. Bitte, ich erteile dir das Wort!
Abgeordneter (SPÖ): Schlagholz
Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ich würde vorweg bitten und ich werde meinen Beitrag leisten so wie immer, zur Sachlichkeit und ohne persönliche Diffamierungen, die ich von diesem Pult aus ohnedies noch nie abgegeben habe. Es war heute schon zu viel des Guten, das „peinlich blöd“, „Rohrkrepierer“ und „wenig fotogen“, mit all solchen Dingen heute hier von diesem Pult aus Persönlichkeiten dieses Landes diffamiert werden, die nichts anderes tun als tagtäglich ihren Beitrag leisten, wie das auch Sie tun. Nämlich ernst genommen zu werden und für dieses Land positiv zu arbeiten. (Beifall von der SPÖ-Fraktion.) Wenn heute Herr Landesrat Martinz für sich in Anspruch genommen hat und gegen uns ausgesagt hat, für dieses Land nicht positiv zu arbeiten, für dieses Land nicht Verantwortung zu tragen, dann frage ich mich, wer denn Verantwortung trägt für dieses Land? Wir haben immerhin zwischen den Jahren 2004 und 2008 jedem Budget die Zustimmung gegeben. Das heißt, dass das Land in die Lage versetzt wird, arbeiten zu können. Wenn die ÖVP heute hier schon kritisiert hat dieses Maßnahmenpaket aus dem Jahre 2005, das wir im September mit einem Umfang von 27 Millionen beschlossen haben, dann war das ein Paket für die Regionalförderung! So angedacht und auch umgesetzt! Schon ein paar Monate später war es dieselbe ÖVP, die dann gemeinsam mit dem BZÖ genau diese 27 Millionen in dem sogenannten Familienpaket verbraucht hat. Diese Partei steht nicht an, herzugehen, alles zu kritisieren im Land, so quasi, wenn es um das Verteilen geht, in der ersten Reihe hocken und Rosinen picken. (Abg. Rossmann: So wie ihr!) Wenn es aber darauf ankommt, etwas zu verantworten, geht sie in die hinteren Reihen zurück und gackert. Das ist nicht verantwortungsvolle Politik, das hätte ich heute gerne dem Herrn Martinz gesagt!
2004 bis 2008 haben wir die Budgets beschlossen, mit euch gemeinsam und auch mit einem guten Grund, denn wir müssen arbeiten können im Land. Denn mit der ÖVP ginge das nicht, weil die keinem Budget zustimmen würde. Daher habe ich ein Recht und fordere wiederholt, dass wir in diesem Haus die Rechnungsabschlüsse endlich diskutieren, um Transparenz zu haben in diesem Land und um die Dinge ansprechen zu können. Wie sollten wir uns um eine Schuldenentwicklung, über deren zukünftige Gestaltung auseinander setzen, wenn wir nicht den Budgetvollzug im Land haben? In einem Budget sind Zahlen niedergeschrieben und wir möchten wissen, wie es ausschaut. Wir haben bei den Budgets auch mitbeschlossen, eine Expertise von einem Expertenteam zu erhalten. Dies deshalb, weil wir nicht alle vom Fach sind in diesem Haus, dass wir Experten brauchen, um den richtigen Weg zu finden, um endlich die Schuldenentwicklung, die Nettoneuverschuldung, die Gesamtverschuldung in den Griff zu bekommen. Das ist in einem Budgetvollzug nachzulesen. Sie können sich sicher sein und dahinter steht die gesamte Fraktion der SPÖ, dass wir einen Rechnungsabschluss nicht für eine postume Abrechnung verwenden, sondern einzig und allein Transparenz auch hier im Haus zu bekommen, das fordern wir auch mit den anderen Punkten. (Beifall von der SPÖ-Fraktion.) Wir wollen eine Offenlegung all dieser Stiftungen, welche teilweise auch vom Land mitfinanziert werden. Das ist etwas, wozu wir Recht haben und daher fordern wir das mit diesem Offenlegen. Wir wollen auch ein Budget im nächsten Jahr haben, ein Arbeitsbudget, wie es heute Reinhart Rohr bereits angekündigt hat. Wir sind gegen Provisorien. Wir sind für ein vernünftiges Budget zu haben, das investiv ist.
Das alles steht in unserem Antrag drin, ich bekräftige das nur, nichts anderes. Sie können sich sicher sein, ich bedarf keiner Gouvernante, dass ich heraußen weiß, was ich zu tun habe! (Abg. Rossmann: So viel zur Diffamierung!) Dass dieser Sonderlandtag, der von euch und von einigen heute tatsächlich so verhöhnt worden ist, Aussagen von unseren Mandataren verhöhnt und lächerlich gemacht wurden, dass dieser Landtag seine Rechtfertigung hat, zeigen alleine schon die mehr als zehn Dringlichkeitsanträge. Wenn das alles so nebenher wäre, dann würdet ihr euch nicht so engagieren! Also ist das ein richtiger Tag gewesen! Lieber wäre es mir gewesen, wir hätten Vormittag diskutiert, dann wären wir jetzt schon längst fertig und hätten wahrscheinlich auch mehr Aufmerksamkeit seitens der Öffentlichkeit bekommen. Auf der anderen Seite ist es wieder gut, dass es bereits Abend ist. Wir sind zwar nicht ohne Öffentlichkeit, weil es Mikrofone gibt und es sind oben auch noch die Apparate, die uns mitfilmen, geschätzte Damen und Herren. Aber der Öffentlichkeit ist heute einiges erspart geblieben, einiges an wirklich groben Ausrutschern, einiges an Kraftrhetorik, die wir uns hier ersparen könnten. Ein Kollege von mir hat schon gesagt, ein Lavanttaler Abgeordneter, wir sollten uns ein bisschen in der Rhetorik verändern. Wir sollten uns wirklich bemühen, in einer so schwierigen Phase sollten wir ganz einfach mit uns und unseren Befindlichkeiten anders umgehen. Ich bitte euch nur, diesem Antrag, der seine Berechtigung eindeutig nachweist, auch die Zustimmung zu geben! (Beifall von der SPÖ-Fraktion und von den Grünen.)
(Der Vorsitzende erteilt zur Begründung der Dringlichkeit Abg. Willegger das Wort.)
Abgeordneter (F): Willegger
Hoch geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Jetzt, am Schluss, diese gravierenden Worte waren wirklich sehr ergreifend, muss ich wirklich sagen. Nach vier Stunden ein Sonderlandtag der Sonderklasse, wo die SPÖ in Wirklichkeit einen konstruktiven Vorschlag vom Kollegen Markut auf die Tagesordnung gebracht hat und sonst, meine Damen und Herren, fällt mir dazu nichts dazu. Außer, dass wir Strom verbraucht haben. Aber vielleicht sollten Sie sich einmal in die Vergangenheit orientieren. 1973 hat, glaube ich, der letzte große soziale Demokrat Bruno Kreisky gesagt: Politik ist so wie Fischen, der Wurm soll dem Fisch schmecken und nicht dem Fischer! Aber der heutige Sonderlandtag hat einzig dem Landesparteivorsitzenden der SPÖ geschmeckt, sonst niemandem! (Beifall von der F-Fraktion.) Zum vorliegenden Dringlichkeitsantrag muss ich leider sagen, ich habe zweimal in einem Ausschuss den Rechnungsabschluss auf der Tagesordnung gehabt. Wir wollten ihn machen, die Kollegen haben leider nicht zugestimmt. (Abg. Ing. Scheuch: Wir wollten ihn machen!) Das heißt, wir sprechen diesem Antrag die Dringlichkeit ab und wir werden ihn natürlich gerne beim nächsten Budgetausschuss behandeln. Dankeschön! (Beifall von der F-Fraktion.)
(Der Vorsitzende erteilt zur Begründung der Dringlichkeit KO Abg. Tauschitz das Wort.)
Abgeordneter (ÖVP): Tauschitz
Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Dringlichkeitsantrag der SPÖ finde ich gut, weil er richtig ist. Ich bin selten mit Kollegen Schlagholz einer Meinung, aber heute muss ich ganz ehrlich sagen, bin ich deiner Meinung. Inhaltlich bei diesem Antrag, weil der Rechnungsabschluss 2006 noch Fragen offen sind, der Rechnungsabschluss 2007 noch nicht da ist. Alle anderen Punkte sind ebenfalls korrekt und wir sollten uns sehr intensiv über die Schuldensituation im Lande Kärnten Gedanken machen. Ich bin auch bei dir, Kollege Schlagholz, dass das ganz und gar keine postume Abrechnung mit dem Landeshauptmann werden soll, sondern eine Auseinandersetzung mit der Zukunft! Wie werden wir unser Bundesland die nächsten 10, 15, 20 Jahre finanzieren wollen? Wir haben große Probleme und die werden durch die jetzige Situation der Wirtschaft und durch die Situation, dass die Republik und auch wir massiv viel Geld investieren müssen, um die Wirtschaft am Laufenden zu halten, nicht leichter werden. Die Offenlegung der Stiftungen, dieser Freunde der Seebühne, der Freunde von irgendwas, ist auch höchst an der Zeit, dass es geschieht, dass wir wenigstens in die nächste Periode gehen können mit offenen Karten, mit dem Wissen wie es um uns steht und aus diesem Grund werden wir diesem Antrag die inhaltliche Begründung sowieso und vor allem auch die Dringlichkeit geben, weil wir sollten rasch dieses Problem lösen. Auch, wenn das dem Kurti Scheuch nicht passt! (Abg. Ing. Scheuch: Ihr werdet zu schwach sein, ganz einfach!) Danke! (Beifall von der ÖVP-Fraktion.)
Vorsitzender Erster Präsident (F): Lobnig
Mir liegt keine weitere Wortmeldung mehr zur Begründung der Dringlichkeit vor. Ich lasse nun über den Antrag abstimmen. Wer dem die Dringlichkeit zuerkennt, bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit, ich weise diesen Antrag dem Budgetausschuss zu. (Abg. Zellot: Haben nicht einmal alle aufgezeigt dort!) Ich darf nun bitten um die Verlesung des weiteren Einlaufes.