Schrödingers Katze und die Black Box KWF

Update als Klarstellung ob der Befürchtung in einem Kommentar: Dieser Artikel will nicht den Eindruck erwecken, als gäbe es einen konkreten Korruptionsverdacht im KWF oder generell um Förderungen. Hiermit soll aber deutlich aufgezeigt werden, wie groß die diesbezügliche Gefahr ist, wenn es beinahe völlige Intransparenz bei enormen Summen gibt.

Schrödingers Katze ist eine gute Metapher für Kärnten und (möglicherweise im Land vorhandene) Korruption.

Man steckt eine Katze in eine vollkommen dichte Schachtel und gibt einen Zufallszünder, der mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein Giftgas freisetzt, dazu. Je nach Betrachtung ist die Katze zu jeder Zeit entweder tot oder lebendig.
Erst bei der Messung durch einen äußeren Beobachter entscheidet sich also, ob die Katze tot ist oder noch lebt.

Auch der Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds (KWF) ist weitgehend eine „Black Box“, in die man nicht hineinschauen kann. Ob es im KWF oder angeschlossenen Politikbereichen Korruption gibt, lässt sich somit nicht sagen. Erst völlige Transparenz könnte dies ausschließen (oder eben auch bestätigen).

36 Millionen Euro wird der Kärntner Steuerzahler im kommenden Jahr an Wirtschaftsförderung ausgeben. Seit 2004 vergab der KWF somit rund 400 Millionen Euro (Förderbarwert) an heimische Betriebe und Personen.

Wohin dieses Geld ging und wer es bekam, wissen nur ganz wenige Personen in Kärnten (z.B. von Regierungsparteien und Kammern beschickte Kuratoriumsmitglieder, Vorstand der Landesholding oder Regierungsmitglieder). Auch diejenigen, die das eigentlich sehen müssen (z.B. Landtagsabgeordnete nach §33 (4) K-FWG), sind längst nicht im Bilde. Gleich zwei heute befragte Landtagsabgeordnete (beide wollen ungenannt bleiben) klagten, dass Ihnen diese Rohdaten zu einzelnen Förderfällen nicht zur Verfügung stünden.

Anders als etwa bei der Kulturförderung gibt es ein verordnetes Stillschweigen per Gesetz. Der Steuerzahler darf schlichtweg nicht erfahren, wer wie viel bekommt.

Es gibt auch Transparenz

Stellt sich die Frage, ob es auch anders geht. Ja, das tut es! In anderen Bundesländern passiert die Veröffentlichung aller Förderfälle. Ein Beispiel hierfür ist das Förderverzeichnis Ein!Blick des SFG.

Steirische Steuerzahlen sehen auf den Cent genau, wie viel welche Firma, aus welchem Förderprogramm und warum bekommen hat.

Kärntens Politik will keine Transparenz

Also fragen wir die Politiker – schließlich könnten Sie eine Änderung des Kärntner Wirtschaftsförderungsgesetzes (K-WFG) im Rahmen einer Regierungsvorlage in die Wege leiten. Heute bot sich die Gelegenheit dazu: Landeshauptmann Gerhard Dörfler, Finanzlandesrat Harald Dobernig sowie KWF-Vorstand Hans Schönegger gaben eine Pressekonferenz. Also fragte ich am Schluss:

Wieso darf der Steuerzahler nicht wissen, wohin hunderte Millionen Euro fließen?

Hans Schönegger:
„Ich muss mich an gesetzliche Regelungen halten. Wenn der Gesetzgeber Transparenz verlangt, ist das für mich überhaupt kein Problem. Wichtig ist für mich nur, dass eine Veröffentlichung erst im Nachhinein erfolgen darf – also dann, wenn die Förderung bereits vergeben wurde und es somit keine Wettbewerbsnachteile für den Begünstigten geben kann.“

Gerhard Dörfler:
„Ich habe mit Transparenz überhaupt kein Problem. Nur was ich nicht will, ist dieser typisch österreichische Neidfaktor. Ich war selbst einmal Unternehmenschef und weiß, dass es auch Privatsphäre gibt. Man kann alles öffentlich machen, aber ich sorge mich auch um Milliarden Daten von Handys und dass es zum durchleuchteten Menschen kommt. Es gibt keinen Förderfall, wo nicht alles in Ordnung ist. Österreich ist ohnehin eine Neidgesellschaft.“

Harald Dobernig:
„Der KWF ist keine Geheimorganisation. Das Kuratorium wird von allen drei Regierungsparteien und von den Kammern beschickt. Die Berichte gehen auch an den Landtag. Ich sehe in der Veröffentlichung auch ein Problem der Neidgesellschaft. Viele kleine Unternehmer beklagen sich bei mir, wie viel Infineon bekommt und wie wenig sie bekommen. Dabei sehen sie nicht, wie viel dort an Investitionen bewegt wird. Dennoch: Wir könnten es übermorgen beschließen. Doch mir stellt sich die Frage: Was bringt es?“

Ein paar Fakten gibt es dennoch

Was Transparenz bringt, lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Der latent vorhandene Mief möglicher Korruption wäre ein für alle Mal weg. Gerade das müsste nun im Interesse Connect-geplagter FPK-Politiker sein.

Und nicht alles, was Politiker sagen (Neidfaktor) ist ein Argument. So veröffentlicht der KWF schon jetzt durchaus Daten – allerdings in sehr aggregierter Form (z.B. Das Jahr 2010), aus denen man nicht viel herauslesen kann. Will man den Neidkomplex schüren, so gibt dieses Material dennoch enorm viel her.

Anm.: Die Förderbeträge enthalten alle Töpfe (EU, Bund etc.) und unterscheiden sich somit von den oben angeführten KWF-Mitteln.

Man könnte etwa „Schweinerei!“ rufen, dass die Klagenfurter am meisten bekommen oder die Hermagorer pro Kopf die größten „Kassierer“ wären. Eine weitere Statistik könnte all jenen Recht geben, die (siehe Dobernig oben) wettern, dass Großbetriebe im Vergleich zu den Kleinen bevorzugt würden.

Außerdem sind es Landespolitiker selbst, die diesen Neidkomplex (so es ihn tatsächlich gibt) befeuern. In diversen LPD-Aussendungen brechen sie – wenn es ins Konzept passt – ständig das (selbst auferlegte) Schweigegelübde und erzählen munter aus (eigentlich geheimen (sic!)) Regierungssitzungen.

Der Neidkomplex sollte kein Hindernis für die Veröffentlichung darstellen. Dörfler und Dobernig sollten sich eigentlich davor hüten, den Kärntnerinnen und Kärntnern einen größeren Neidkomplex anzudichten, als etwa den Steirern. Sind wir diesbezüglich wirklich schlechtere Menschen?

Im Gegenteil: Transparenz würde zu mehr Motivation, höheren Anstrengungen und ultimativ zu größerem volkswirtschaftlichen Nutzen führen. Wenn Betrieb A sieht, dass sein Konkurrent B eine Förderung bekommt, wird der sich auch um Fördermittel bemühen. Mehr Förderwerber bedeutet zwar auch mehr Arbeit für den KWF. Aber aus höherer Quantität bekommt man auch eine höhere Qualität – eine volkswirtschaftliche Binsenweisheit.

Förderwesen und Korruption

Woher also die Weigerung zu Transparenz? Schrödingers Gedankenspiel ist für mich der ultimative Beweis, dass es in einem völlig intransparenten System wie dem KWF und den Listen an Geldempfängern Korruption geben kann.

Man kann den Beteiligten durchaus glauben, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Nur wissen kann man es nicht. Eine Liste der Empfänger von KWF-Mitteln wäre für so manchen enorm viel Wert. So könnte man als politische Partei, die im Lande etwas zu sagen hat, nach Gewährung einer Förderung Spendenbriefe (vgl. Rechnungen für Layoutberatungen ohne Layoutberater – Connect Affäre, Ermittlungen laufen, es gilt die Unschuldsvermutung) an die Begünstigten richten.

Auch wenn dies eine rein hypothetische Möglichkeit ist, wäre sie – frei nach Schrödinger – doch denkbar. Ein Datenabgleich von Connect-Rechnungen mit Förderungsempfängern könnte Klarheit schaffen. Landesrat Dobernig wehrte sich übrigens in der erwähnten Pressekonferenz strikt gegen solche Vorwürfe: „Ich habe vollstes Vertrauen in die handelnden Personen und bin mir sicher, dass es keinen Konnex zwischen KWF und Connect gibt.“

Nicht so sicher ist sich einer der beiden heute kontaktierten Landtagsabgeordneten, ob es einen Zusammenhang zwischen der Förderliste und Parteispenden gibt: „Das sind sehr laute Gerüchte, die mir immer wieder zugetragen werden. Nur schwarz auf weiß gibt es mir keiner, die sind alle eingeschüchtert. Wir wollen die KWF-Daten schon lange, nur ist dies einfach nicht möglich.“

Dass gerade das öffentliche Förderwesen „extrem anfällig für Korruption ist“, weiß auch Franz Fiedler. Der Präsident von Transparency International Österreich nennt auch Zahlen: Jährlich würden in Österreich 15,5 Milliarden Euro an Förderungen für Wirtschaft, Forschung, Kultur oder Sport vergeben. Damit liege Österreich an der Spitze, betrage die Summe doch das Doppelte des EU-Schnitts. „Es gibt hierzulande kaum Kontrolle über die widmungsgemäße Verwendung oder Doppelförderungen. Zudem ist die Vergabe nicht in allen Fällen transparent und nachvollziehbar“, meinte Fiedler am Donnerstag bei einer Veranstaltung der Jungen Wirtschaft.