Streng geheime Gutachten

Josef Martinz, Montage, Foto: Büro Martinz/LPV

Vor nun über einem halben Jahr wurde die alte BZÖ/FPK/FPÖ-geführte Regierung abgewählt und eine Neue mit dem Versprechen für mehr Transparenz angelobt. Trotz des Gelöbnisses, mit den Machenschaften der Vergangenheit aufzuräumen, hat sich bislang recht wenig bis gar nichts getan. Geheimes bleibt weiter geheim, während gleichzeitig der Schrei der Zivilgesellschaft nach mehr Transparenz und einem Ende des Amtsgeheimnisses immer verzweifelter wird.

Das jüngste Beispiel trudelte eben per Post bei mir ein. Am 31. Mai 2013 erlaubte ich mir über die Plattform fragdenstaat.at nachzufragen, ob man denn die Gutachten der Kärntner Landesholding rund um das Gutachten des Villacher Steuerberaters Dietrich Birnbacher öffentlich machen könne.

Birnbacher-Gutachten

Wir erinnern uns:

Im Zuge des Verkaufs der Hypo Group Alpe Adria war der genannte Steuerberater für den damaligen Landeshauptmann Jörg Haider und den seinerzeitigen Landesrat Josef Martinz beratend tätig und sollte dafür ein Honorar für zwölf Millionen Euro kassieren.

Aufgrund des öffentlichen Aufschreis wurde das sechsseitige Dokument (man könnte es auch Kasblattl nennen, PDF-Download hier) dann doch „nur“ mit sechs Millionen Euro honoriert. Weil die öffentliche wie mediale Diskussion nicht verstummen wollten, suchten Martinz und die Vorstände der Kärntner Landesholding wiederholt die Flucht nach vorne und engagierten Gutachter um Gutachter, die diesen Betrag rechtfertigen sollten und dies auch taten.

Abschlägiger Bescheid, Martinz-Birnbacher-Gutachten

Gutachten und Preise weiter geheim

Neugierig wie ich nun einmal bin und angestachtelt von der Hoffnung um die neue „Zukunftskoalition“ in der Landesregierung, wollte ich …

  • diese Gutachten übermittelt bekommen und
  • erfahren, wie viel Steuergeld dafür geflossen ist.

Insbesondere die Kosten für all diese Gutachten wären spannend, weil man aus der Herangehensweise durchaus den Mief von Untreue herauslesen könnte. Wie später bekannt wurde, sollte ein Teil des Honorars zurück zur ÖVP (und vermutlich auch zum BZÖ/zur FPK fließen, es gilt jeweils die Unschuldsvermutung). Sollte mit diesen Gutachten nun argumentativ vertuscht werden, dass es zu Parteienfinanzierung hätte kommen sollen?

Weil Martinz im Prozess 2012 zugeben musste, dass Geld von Birnbacher an seine Partei fließen sollte und floss, musste die von ihm (mit) in Auftrag gegebenen Gutachten eine mutwillige Verschwendung von Steuergeld sein.

Die abschlägige Antwort per Bescheid kam heute – fast sechs Monate (!) nach der Anfrage – und war für mich doch einigermaßen überraschend (Download als PDF-Datei).

Kurze Zusammenfassung: Es ist geheim, es bleibt geheim. Weil zudem nicht einmal die, zur Kontrolle der Regierung verpflichteten, Landtagsabgeordnete solche Auskünfte erhalten dürften, darf auch ich das nicht erfahren.

Nun gut, das ist man gewohnt. Es ist schade, dass sich trotz aller Lippenbekenntnisse noch NICHTS in Sachen Verwaltungstransparenz und Amtsgeheimnis im politischen Bereich getan hat. Der Bürger bekommt zwar Daten, wie viel Wasser gerade Flüsse oder Seen führen, aber zur Verwendung von Steuergeld wird weiter eisern geschwiegen.

Dringend nötiges Transparenzgesetz

Während Landesrat Christian Ragger unterbeschäftigt fühlt, …

Zitat: „Wenn ich 15 Stunden pro Woche an meinem Schreibtisch sitze, muss ich alle möglichen Varianten ausnützen, um beschäftigt zu sein.“

… brauchen seine Beamte sechs Monate für eine solche Beantwortung. Laut K-ISG sollten Bürger eigentlich nicht länger als acht Wochen warten müssen. Vielleicht hätte der gelernte Jurist hier auch anpacken können?

Manchmal würde man sich schon freuen, wenn bestehende Gesetze eingehalten würden. Rund um das Transparenzgesetz, das von vielen Politikern, so nachdrücklich eingemahnt wurde, ist es still geworden. Sehr still.

Die Blackbox namens Rathaus

Blackbox: Rathaus Klagenfurt

Österreich ist Schlusslicht der zivilisierten Welt, wenn es um Informationsfreiheit geht. Und in Österreichs trägt wohl Klagenfurt die rote Laterne.

Am 21. März 2013 habe ich mir erlaubt, Anfrage zu stellen, wohin mehrere Hunderttausend Euro gehen, die Bürgermeister Christian Scheider Jahr für Jahr an Geschenken unters Volk bringt. Zur Erinnerung: Im Vorjahr war das „Geschenkekonto“ des Bürgermeisters 165.000 Euro schwer. Glaubt man den Gerüchten, soll das Stadtoberhaupt auch sein diesjähriges Geschenkekonto bereits fleißig überzogen haben.

Ich habe nicht nur nachgefragt, wie viel der Bürgermeister für Weinflaschen, Jausensackerln, Ostereier, Strohhüte, USB-Sticks und dergleichen ausgab. Ich wollte auch eine Liste der Geschenke (was nicht so schwer sein kann). Zudem wollte ich wissen, wie groß der Aufwand beim Verpacken und Bereitstellen durch Magistratsmitarbeiter wäre. Und schließlich fragte ich an, ob es dafür überhaupt eine Ausschreibung gab.

Monatelang unbeantwortet

Meine Anfrage blieb monatelang unbeantwortet. Erst als ich am 4. September 2013 eine Urgenz über den Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) stellte, kam die Sache in Schwung. Obwohl sich herausstellte, dass der UVS für Klagenfurt unzuständig ist, leitete man mein Ansuchen an den Stadtsenat weiter.

Jetzt kam die Antwort und sie bestätigt all meine Befürchtungen zu Amtsgeheimnis und offenbar züggellosen Politikern.

„Anfrage nicht zulässig“

Die Nichtbeantwortung wurde damit argumentiert, dass eine Beantwortung erst gar nicht nötig sei. Mein Auskunftsbegehren entbehre jeder gesetzlichen Grundlage. Der gesamte Budgetposten wäre ohnehin einsehbar

„durch eine Woche während der Amtsstunden im Rathaus zur öffentlichen Einsicht aufzulegen.“

Für darüber hinausgehende Auskünfte hätte die Stadt keine Verpflichtung. Auf meine Anfrage hinsichtlich der Art der Geschenke wurde erst gar nicht eingegangen. Auch die Frage, ob es jemals eine Ausschreibung gegeben hätte, wurde schlichtweg ignoriert.

Aber man lese und staune selbst … ich füge den gesamten Akt als PDF bei.

bescheid 13-10-30-Schreiben-Ablehnung-1

Im Klartext

Wollen wir nicht bekanntgeben, wird nicht bekanntgegeben. Muss geheim bleiben.

Ich habe in den letzten Jahren doch einige Erfahrung mit Auskunftsbegehren gesammelt. Aber auf solche eine Mauer des Schweigens bin ich noch nie gestoßen. Die Haltung der Stadt Klagenfurt zu Transparenz ist einzigartig und macht mich wirklich baff.

Vom UVS des Landes Kärnten über den Bund bis hin zum Europäischen Gerichtshof Menschenrechte wird allgemein anerkannt, dass der Umgang von Steuergeld gewissen (in Österreich ohnehin winzigen) Transparenzerfordernissen unterliegen muss. Erst wenn andere Argumente (echte Geheimhaltungsinteressen, zu großer Aufwand) begründet werden, kann die Auskunft verweigert werden.

Wenn der Bürgermeister der Stadt Klagenfurt es für sparsam, zweckmäßig und wirtschaftlich hält, hunderttausende Euro an Werbegeschenken auszugeben, gilt das nicht? WTF is wrong here?

Wird so lediglich mit Bürgern umgegangen? Mitnichten. Selbst Gemeinderäte beklagen mir gegenüber immer wieder Auskunftsverweigerungen oder nicht vorhanden Unterlagen. Das Kontrollamt soll seit „ewigen Zeiten diesbezügliche Berichte unter Verschluss halten oder Aufträgen erst gar nicht nachgekommen sein“, meinten mir gegenüber unlängst unisono jeweils ein SP- und VP-Mandatar.