Umfrage: Spitzenkandidaten & Transparenz

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Jeder Wähler hat unterschiedliche Schwerpunkte und daher wiegen einzelne Punkte eines Programms oder einer Partei beim anderen mehr und beim anderen weniger. Wer diese Website liest, interessiert sich zwangsläufig für Transparenz in der Politik und OpenData.

Den Leserinnen und Lesern von k2020.at möchte dieser Beitrag eine kleine Entscheidungshilfe für die Landtagswahl am 3. März 2013 bieten. Ich habe die Spitzenkandidaten aller kandidierenden Parteien nach ihrer Meinung zu Transparenz, OpenData und deren Bedeutung in der Zukunft befragt.*

Dieser Beitrag will aber mehr als eine Entscheidungshilfe darstellen. Er ist auch eine Mahnung, dass das Thema nach der Wahl an die Umsetzung gehen muss – schließlich ist es trivial einfach, das Blaue vom Himmel herab zu versprechen. Und dazu sollte sich jeder noch fragen, ob der eine oder andere Abgeordnete in der Vergangenheit bereits bewiesen hat, Transparenz im politischen Alltag leben zu können.

Zu guter Letzt rückte das Thema durch diese Befragung und die Auseinandersetzung mit den Fragen ein wenig mehr in den Fokus der Poltiker.

k2020.at-Transparenzumfrage

Die Rohdaten

Die untenstehenden Wertungen wurden nach möglichst objektiven Maßstäben erstellt. Dennoch ist immer wieder auch ein Hauch Subjektivität dabei.

Anhand der uninterpretierten Fragebögen, kann sich aber jeder ein völlig ungeschminktes Bild der Kandidaten machen. Die Reihung erfolgte nach dem Zeitpunkt des Eintreffens der Fragebogen.

Der Fragebogen wurde am 9. Jänner 2013 per E-Mail versendet. Fristgerecht (bis zum 17. Jänner 2013) antworteten lediglich Rolf Holub (Grüne), Peter Kaiser (SPÖ) und Gerhard Dörfler (FPK). Erst nach Erinnerung gingen die Antworten der ÖVP sowie des Teams Stronach ein. Die Piraten und das BZÖ haben zuletzt – nach der ersten Veröffentlichung dieses Beitrags – geantwortet.

Grüne - Rolf Holub, © Grüne Kärnten

1. Rolf Holub, Grüne

Zu den Antworten im Original.

SPÖ - Peter Kaiser, © SPÖ Kärnten

2. Peter Kaiser, SPÖ

Zu den Antworten im Original.

FPK - Gerhard Dörfler, © LPD-Landespressedienst

3. Gerhard Dörfler, FPK

Zu den Antworten im Original.

ÖVP - Obernosterer, © ÖVP Kärnten

4. Gabriel Obernosterer, ÖVP

Zu den Antworten im Original.

Team Stronach - Gerhard Köfer, © Team Stronach

5. Gerhard Köfer, Team Stronach

Zu den Antworten im Original.

Piratenpartei Kärnten

6. Piratenpartei

Beantwortet von Peter Grassberger, André Igler und der Basis der Piraten.**
Zu den Antworten im Original.

BZÖ - Josef Bucher

7. Josef Bucher, BZÖ

Zu den Antworten im Original.

Bildquellen: Grüne, SPÖ, LPD/Bodner, ÖVP, Team Stronach, Piraten, BZÖ

Einzelne Erkenntnisse

Im Folgenden finden Sie einige Punkte aufgelistet, die markant erscheinen. Sollten Sie, werte Leserinnen und Leser, weitere Erkenntnisse daraus ziehen, so posten Sie diese bitte in den Kommentaren.

1. Transparenz ist ein Thema

Alle befragten Kandidaten wollen sich in der kommenden Legislaturperiode für mehr Transparenz einsetzen. Alle Kandidaten meinten zudem, sich bereits in der Vergangenheit für mehr Transparenz eingesetzt zu haben.

Die Frage, ob Transparenz von Wichtigkeit für die Korruptionsprävention sei, beantworteten ebenfalls alle Kandidaten mit „Ja“.

Spannend ist die Frage nach der Veröffentlichung von Regierungsprotokollen. Die Sitzungen der sieben Mitglieder der Landesregierung haben zwar eine hohe Bedeutung, sind aber nicht öffentlich und ihre Protokolle geheim.
Auf die Frage, ob sich hier etwas ändern soll, votierten alle sieben Kandidaten mit Ja. Kärntens Bürgerinnen und Bürger könnten womöglich bald Einblick in die geheimsten Sitzungen des Landes erhalten.

Vielfach wird kritisiert, dass die vom Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds (KWF) vergebenen Mittel nicht offengelegt werden. Während der Steuerzahler in anderen Bundesländern erfahren darf, wohin sein Geld geht, wissen nur eine Handvoll Kärntner, wer in den letzten zehn Jahren beinahe 500 Millionen Euro vom KWF erhalten hat. Die gute Nachricht: Alle Kandidaten sind prinzipiell der Meinung, dass hier Transparenz einziehen soll, wenngleich Gabriel Obernosterer (ÖVP) relativiert: Eine vollständige Veröffentlichung der Förderungen hält er für nicht sinnvoll, „weil nicht der Fördernehmer der Böse ist“.

Auch in anderen Punkten herrscht Uneinigkeit. So meint etwa nur Gabriel Obernosterer (ÖVP), Transparenz würde nicht zu mehr Gerechtigkeit führen. Gerhard Dörfler (FPK) und Gabriel Obernosterer (ÖVP) verneinen auch, dass Transparenz der Politik bei der Entscheidungsfindung helfen könne.

Im ersten Fragenblock zur Transparenz gab es elf Statements zur Auswahl. Aus den diesen jeweils positive oder negative Statements galt es die (für Transparenz-Befürworter) Richtigen zu finden. Wertung bei maximal erreichbaren elf Punkten:

Kandidat Punkte
1. Rolf Holub, Grüne 11
1. Gerhard Köfer, Team Stronach 11
1. Peter Kaiser, SPÖ 11
1. Piraten 11
1. Josef Bucher, BZÖ 11
6. Gabriel Obernosterer, ÖVP 9
7. Gerhard Dörfler, FPK 7

2. OpenData wird kommen

Bis auf Gabriel Obernosterer (ÖVP) messen alle Kandidaten OpenData in der nächsten Legislaturperiode eine zentrale Bedeutung bei.

Interessant ist übrigens, dass nur Gabriel Obernosterer (ÖVP) und Josef Bucher (BZÖ) keinen Mehrwert durch OpenData erkennen. Gerade für einen Touristiker verwundert es, dass ausgerechnet Josef Bucher (BZÖ) auch keinen Mehrwert durch freies Kartenmaterial im Tourismus erkennt.

Im Fragenblock zu OpenData gab es acht Statements zur Auswahl. Sieben waren (für OpenData-Befürworter) positiv besetzt, ein Punkt negativ. Wertung bei maximal erreichbaren neun Punkten:

Kandidat Punkte
1. Rolf Holub, Grüne 8
1. Gerhard Köfer, Team Stronach 8
1. Piraten 8
4. Peter Kaiser, SPÖ 7
5. Josef Bucher, BZÖ 6
5. Gerhard Dörfler, FPK 3
5. Gabriel Obernosterer, ÖVP 3

Gefragt wurde auch, welche neun Themenbereiche und Maßnahmen in der nächsten Legislaturperiode angegangen werden sollen bzw. für welche Maßnahmen sich die Kandidaten einsetzen würden.

Unumstritten unter allen Kandidaten ist nur eine Maßnahme: ein barrierefrei zugänglicher Audio- und Videostream (anstelle der aktuellen Flash-Lösung der Telekom).

Große Übereinstimmung (sechs von sieben Kandidaten) genießen die Freigabe von GIS-Daten (nur Gabriel Obernosterer (ÖVP) ist hier dagegen) sowie die Veröffentlichung von Budgets und Rechnungsabschlüssen in maschinenlesbarer Form. Hiergegen stemmt sich nur Gerhard Dörfler (FPK).

Auch dabei gibt es einen Score. Jeder der neun Statements, für den sich ein Kandidat nach der Wahl einsetzen möchte, ist einen Zähler wert.

Kandidat Punkte
1. Rolf Holub, Grüne 9
1. Gerhard Köfer, Team Stronach 9
1. Piraten 9
1. Josef Bucher, BZÖ 9
5. Peter Kaiser, SPÖ 7
6. Gabriel Obernosterer, ÖVP 6
7. Gerhard Dörfler, FPK 3

Die Einrichtung eines speziellen OpenData-Beauftragten wurde von Rolf Holub (Grüne), Peter Kaiser (SPÖ), Gerhard Köfer (Team Stronach) und den Piraten befürwortet. Von Gerhard Dörfler (FPK) und Gabriel Obernosterer (ÖVP) sowie Josef Bucher (BZÖ) wird das abgelehnt.

Die Einrichtung eines Datenportals wird von allen Kandidaten begrüßt. Gerhard Dörfler (FPK) schreibt in seiner Antwort, dass die Landes-EDV bereits daran arbeite.

Gefragt wurde auch, in welchen Bereichen OpenData den größten Nutzen bringen könnte. Die Kandidaten sollten die Themenbereiche von 1 bis 12 werten bzw. reihen. Nicht alle gingen bei der Beantwortung nach dem gleichen Schema vor, weshalb die Antworten interpretiert werden mussten. Gewertet wurden die Noten 1 bis 5 (von 12) sowie jene, die die jeweils höchste Priorität für die Kandidaten hatten – in zwei Fällen waren dies mehr als fünf Punkte.

Wichtigkeit von OpenData für ...

3. Nach der Wahl

In Gespräch mit Freunden und Bekannten merke ich immer wieder, dass neben OpenData und Transparenz zwei weitere Fragen viele Leute beschäftigen:

  • Gibt es eine Aussage von Partei X über Koalitionen nach der Wahl?
    • Rolf Holub (Grüne): „Ja. Die Grünen werden keine Koalition mit der FPK eingehen und auch keinen FPK-Politiker zum Landeshauptmann wählen.“
    • Peter Kaiser (SPÖ):  „Nein, weil die Wählerinnen und Wähler zuerst ihren Willen äußern müssen, bevor über mögliche Koalitionsbildungen für die bevorstehende Reformlegislaturperiode nachgedacht werden kann. Von der SPÖ Kärnten aus wird es ausschließlich eine Zusammenarbeit mit den konstruktiven, im Verfassungsbogen befindlichen, politischen Kräften geben.“
    • Gerhard Dörfler (FPK): „Nein.“
    • Gabriel Obernosterer (ÖVP): „Nein. Ich es für unseriös halte, nachdem wir nicht wissen, wie viele Parteien schlussendlich in der Regierung sitzen werden und ob die Personen, die jetzt antreten, nach dem 3. März überhaupt noch dabei sind und vor allem, weil zuerst der Wähler das Wort hat und es nicht fair ist, vorher schon  solche Aussagen zu treffen. Die Politik muss einmal dazu stehen, dass nur der Bürger das Wort hat und im Sinne des Bürgers Koalitionen gebildet werden. Im Übrigen hat Kärnten eine Konzentrationsregierung. Das heißt alle Parteien regieren und wohin uns die Koalitionen der letzten Jahre geführt haben, sehen wir. Auch das muss man sich vor Augen halten.“
    • Gerhard Köfer (Team Stronach): „Ja, und zwar: Das Team Stronach hat vor und nach der Wahl ausschließlich eine Koalition mit den Kärntner Bürgerinnen und Bürgern, denen wir uns verpflichtet fühlen. Das Team Stronach dient keinem Machtblock als Steigbügelhalter, wird aber jede gute Idee, die nachhaltig, wirtschaftlich, finanziell und sozial vertretbar ist – egal aus welcher politischen Richtung sie kommt – unterstützen und auf Schiene bringen.“
    • Piraten: „Nein. Wir wollen jedoch mit allen Parteien gerne themenbezogen zusammenarbeiten, die bei einem Thema ähnliche Positionen haben wie wir.
    • Josef Bucher, BZÖ: „Ja, und zwar: Rot-rot-grün – also SPÖ-Stronach-Grüne – verhindern und eine bürgerliche Regierung ermöglichen. Wir als BZÖ schließen aber niemanden aus.“
  • Sind die einzelnen Parteien für die Abschaffung der Proporzregierung?
    • Rolf Holub (Grüne): „Ja, weil die Grünen die Abschaffung schon seit ihrem Landtagseinzug 2004 vehement  fordern. Damals wollten die anderen Parteien nicht viel davon wissen. Das hat sich glücklicherweise geändert. Das Ende des Proporzes ist für Kärnten absolut vordringlich, denn der Proporz fördert Korruption und Freunderlwirtschaft.“
    • Peter Kaiser (SPÖ): „Ja, weil die SPÖ Kärnten dies bereits in dem im Landtag eingebrachten und öffentlich präsentierten Demokratiepaket so festgelegt hat. Dies muss Hand in Hand mit einer Aufwertung der Oppositions- und Minderheitenrechte passieren.“
    • Gerhard Dörfler (FPK): Keine Antwort.
    • Gabriel Obernosterer (ÖVP): „Ja, weil dem Bürger klar sein muss, wer regiert und Verantwortung für Entscheidungen trägt und wer nicht.“
    • Gerhard Köfer (Team Stronach): „Ja, weil der Proporz ein ungeeignetes Mittel ist um die Probleme unseres Landes zu lösen. Es muss klar zwischen Regierung und Opposition getrennt werden.“
    • Piraten: „Ja. Wir halten den Proporz für längst nicht mehr zeitgemäß.“
    • Josef Bucher, BZÖ: „Ja, weil die Bevölkerung ein Recht darauf hat, zu wissen, wer welche Entscheidung getroffen hat.“

Soweit so gut. Allen Interessierten sei abermals die Nutzung der Originalmaterialien (Links siehe oben) nahegelegt.

Ihre Meinung:

Was wünschen Sie sich von der nächsten Regierung? Jede Menge Platz für Diskussionsbeiträge dazu gibt es in den Kommentaren.

* Sollten weitere wahlwerbende Gruppen hinzukommen, werden diese nachträglich in diese Aufstellung aufgenommen.
**Die Piraten füllten nicht den per E-Mail zugesandten Fragebogen aus, sondern den Entwurf von Google Docs aus. Daher können die Originalfragen geringfügig von den anderen variieren.