Schwarz auf weiß: Geheimsache Polit-Inserate

Heute bekam ich das Urteil des Unabhängigen Verwaltungssenats für Kärnten in der Angelegenheit meines Auskunftsbegehrens. Download des ganzen Akts als PDF-Portfolio.

Sind die Erwartungen niedrig, wird man selten überrascht. Die Enttäuschung kann dennoch groß sein – nämlich dann, wenn man schwarz auf weiß liest, dass geheim bleiben darf, was mit dem hart erarbeitetem Steuergeld vieler Kärntnerinnen und Kärntner passiert.

Noch schockierender: Das Land Kärnten kann völlig ungeniert und ungestraft sagen, dass es nicht einmal weiß, wo und wie dieses Geld versickert ausgegeben wird. Solange nur die Suche nach Belegen umfangreich und zeitaufwendig ist, …

  • … darf weiter mit wie vielen Inseraten versteckte Parteienfinanzierung stattfinden.
  • … könnte viel Geld gar in dunklen Kanälen verschwinden.
  • … könnte Steuergeld gar über Umwege und indirekt in Parteikassen wandern.
  • … könnten Parteisoldaten womöglich aus Landesmitteln bezahlt werden.

Könnte … ich verwende bewusst den Konjunktiv! Denn man soll nicht alles glauben, was einem so zugetragen wird.

Bei all diesen Fragen gilt für mich seit dem Urteil für mich nicht mehr die Unschuldsvermutung. Es gilt die Unwissenheitsvermutung! Der Bürger soll bewusst im Unwissen gehalten werden. Mir kann niemand sagen, dass man am Arnulfplatz die Zahlen rund um die Polit-Reklame nicht genau kennt. Sie dürften aus Angst zurück gehalten werden, um nicht Unmut zu schüren.

Andererseits: Dobernig, Dörfler & Co. könnten beim Budget auch wirklich dermaßen den Blindflug üben, dass Ihnen nicht bekannt ist, wie Budgetposten von jährlich (kolportierten) rund zehn Millionen Euro verwendet werden. Dann gehören sie allerdings mit dem sprichwörtlichen nassen Fetzen aus dem Land gejagt.

Ein Verdacht liegt nahe: Wer solche Zahlen absichtlich geheim hält oder ihre Verwendung absichtlich über viele Konten verschleiert, hat wohl etwas zu verbergen.

Frage an Juristen

Darf es so etwas geben? Hat man mit guter Argumentation Chancen beim Verwaltungsgerichtshof? Rat erbeten an: email@k2020.at.

Selbsthilfe mit dem Web

Wenn das Land nicht selbst mit den Zahlen rausrückt, muss man sich eben anders wehren. Der Wiener Gerold Neuwirt betreibt auf www.politinserate.at eine Plattform zur Beobachtung politischer Anzeigen. Die Website ist neu und muss hier und da noch überarbeitet werden.

Vergangenes Wochenende am CreateCamp Klagenfurt ging ein ordentliches Stück weiter. Es wird nicht lange dauern und dann wird wird es dazu Apps für iPhones und Android-Smartphones geben

Die Grundidee der Site: Viele Bürger fotografieren Anzeigen, geben Daten wie Inhalt, Medium, Seite und Größe dazu. Als Ergebnis wird im Hintergrund automatisch ein Geldbetrag errechnet.

Wenn die Politik schon nicht für Transparenz sorgt, müssen eben viele Bürger einspringen! Eine funktionierende Demokratie verträgt eine solch unglaubliche Menge an Landesinseraten schlichtweg nicht, wie sie im Wahlkampf 2009 geschalten wurden.

Das sind demokratiepolitische Massenvernichtungswaffen. Diese Möglichkeit zur Verfälschung von Wahlergebnissen muss man den Parteien für 2014 nehmen.

80-101-42 – Keine Ausgabenkontrolle

„Hans Georg Holzer gegen das Land Kärnten“, so wurde meine Berufungsverhandlung heute vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten aufgerufen.

Das Urteil erfolgt allerdings erst schriftlich und wird noch etwas dauern. Die Abschrift der öffentlichen Verhandlung steht als PDF zum Download bereit.

Neben meinen Argumenten finden sich in der Abschrift auch jene des Landes Kärnten. Im Folgenden fasse ich sie kurz zusammen. Die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit des Landes Kärnten sind

  • auf 80 Kreditoren- und Personen aufgeteilt,
  • über 101 Konten (der Buchhaltung) laufen Zahlungen zu diesem Ausgabenpunkt und
  • 42 unterschiedliche Bewirtschafter (z.B. Person in einem Regierungsbüro, die Inserate schaltet) arbeiten damit.

Nicht darin enthalten sind zudem ausgegliederte Rechtsträger wie KWF, Kärntner Tourismusholding, Flughafen Klagenfurt, EAK etc. Zudem seien Marketing-Ausgaben, die „über Projekte laufen“, unmöglich zu erfassen. (Einige Beispiele dazu von mir: Haider-Inserate im Rahmen der Breitband-Initiative, Dörfler-Plakate für die S-Bahn, der Dobernig-Folder für den Kulturherbst oder die „17er“, die Hochglanzbroschüre der Straßenbauabteilung)

Die Buchhaltung auf Basis von SAP wäre laut Land erst seit 2010 im Einsatz, zuvor wären „Großrechner“ tätig gewesen.

Kurzum: Aus diesen Gründen wäre es unmöglich, mit vertretbarem Aufwand meine Anfrage präzise zu beantworten, so die Argumentation von Dr. Horst Felsner (Leiter der Finanzabteilung).

Oder anders formuliert: Im Land Kärnten weiß niemand, wie viel für Polit-Marketing ausgegeben wird. Daher ist die Anfrage auch nicht zu beantworten. Und das bei kolportierten zehn Millionen Euro pro Jahr? Das entspricht dem Gegenwert von 50 Einfamilienhäusern!

Das letzte Wort spricht aber der UVS-Senat und sein Urteil gilt es, abzuwarten.

Für 2011 und danach werden solche Anfragen beantwortbar, so der Vertreter des Landes. Allerdings nur für jene Ausgaben, die direkt über die Landesregierung (und nicht über ausgegliederte Rechtsträger oder Projekte) laufen.

UVS-Verhandlung: Am Dienstag geht es um viel

Es geht um OpenGovernment, Demokratie und auch meinen Glauben an den Rechtstaat. Es geht auch darum, der Politik in Kärnten ein wenig die Möglichkeit zu nehmen, mit unbeschränkt vorhandenen Mitteln Werbung zu machen und dann unliebsame Wahrheiten geheimhalten zu dürfen.

Morgen, am 18. Jänner 2011 wird um 09:30 Uhr im Verhandlungssaal 2 (Erdgeschoss) des Unabhängigen Verwaltungssenats für Kärnten (UVS) mein Auskunftsbegehren vom 25. November 2009 (!) behandelt. Eine Umfassende Darstellung gibt es entweder auf dieser Website mit dem Schlagwort auskunftsbegehren oder im gesammelten Schriftverkehr dazu als PDF-Portfolio zum Download.

1. Worum geht es?

Ich will von Landesrat Harald Dobernig wissen, wie viel die Kärntner Landesregierung an Steuergeld für Werbung (Inserate, Werbegeschenke, Plakate, Rundfunkspots, Online etc.) 2008 und 2009 ausgegeben hat.

Geregelt ist die Auskunftspflicht in drei Gesetzen: dem Artikel 20 des Bundesverfassungs-Gesetzes, dem Kärntner Statistik- und Informationsgesetz und dem Bundes-Auskunftspflicht-Gesetz. In gewisser Weise sehe ich die morgige Verhandlung als Präzedenzfall (ich weiß, der Terminus ist falsch) dafür, wie transparent (oder geheim) ein Amt gegenüber seinen Bürgern sein muss oder darf.

2. Warum überhaupt?

Die Verwendung von Steuergeld darf keine Geheimsache sein. Dies gilt – so meine ich – erst recht, wenn es um eine wesentliche Sache für die Demokratie geht. Die Materialschlacht um die Landtagswahl am 1. März 2009 hat eindrucksvoll gezeigt, dass gerade eine Partei schier unendlich viel Geld für Marketing zur Verfügung hatte.

Mehr noch: Die Inserate glichen einander frappant. Sie enthielten wohl nicht zufällig gleiche Schriftarten, Farben und Designelemente. Dies legt den Eindruck nahe, es wären absichtlich viele Inserate im gleichen Design geschalten, um der jeweils eigenen Partei zu helfen – mit kaum enden wollenden Mitteln. Ist das indirekte Parteienfinanzierung?

Dies betrifft im übrigen nicht nur die Regierungsmitglieder von BZÖ/FPK, sondern auch andere Parteien in der Proporzregierung:

Bei der ÖVP argumentiert man zwar, dass das linke Inserat zwar aus Parteimitteln bezahlt wurde, warum der Schriftzug ÖVP und das Logo darauf fehlen, konnte man nicht schlüssig beantworten.

Inserate sind jedoch nicht die einzigen Werbemittel der Kärntens Politiker machen. Neben Rundfunkspots oder Online-Anzeigen sind auch auch Werbegeschenke „in“. Alleine in den letzten sechs Monaten sind mir Faltkalender, Wasser- und Fußbälle, Plüschtiere, Winterjacken, Fußmatten, kühlende Lanyards, Karottensamen, Kärnten-Fahnen, Babyshuhe und Schnuller untergekommen. Die Dunkelziffer liegt sicher noch höher.

Wären der Hintergedanke bei den Regierungsinseraten der letzten Landtagswahl die reine Information des Bürgers, ließe sich der abrupte Stopp nach dem 1. März nicht erklären. Nach kurzer Pause ging es jedoch weiter. Es scheint, als wären die Regierungsparteien im Dauerwahlkampf bis 2014. Anders lässt es sich nicht erklären, warum – um nur ein Beispiel zu nennen – in alleine in der Aktuellen Ausgabe der Kärntner Regionalmedien die Regierungsmitglieder insgesamt 78 Mal genannt oder abgebildet waren. Mit rein journalistischer Berichterstattung hat das nur noch sehr wenig zu tun.

3. Gute Argumente dafür

Ich werde morgen kämpfen wie ein Löwe, die Argumente sind hoffentlich allesamt auf meiner Seite:

Notwendigkeit der Transparenz

Dass die Verwaltung und Verwendung öffentlicher Gelder von öffentlichem Interesse ist, hat selbst die allerhöchste Instanz, der Europäische Gerichtshof für Menschrenrechte öfter ausgesprochen.

Auch im abschlägigen Bescheid wurde die Rechtmäßigkeit meines Auskunftsbegehrens nicht in Frage gestellt.

Rasch zu erledigen

Die Kärntner Landesregierung lehnte mein Auskunftsbegehren viel mehr damit ab, dass die Beantwortung einen zu großen Aufwand bedeuten würde. Wörtlich heißt es im Bescheid:

“Im gegenständlichen Fall wäre es erforderlich, unzählige Belege händisch zu sichten.”

Morgen geht es darum, dies zu widerlegen und ich meine, gute Chancen dafür zu haben:

  1. Wichtigkeit:
    Gerade weil Transparenz im Polit-Marketing für die Demokratie von essentieller Bedeutung ist, darf der Aufwand hier keine Rolle spielen.
  2. Software-Anwendung:
    In einem Interview der Kleinen Zeitung erwähnte Finanzlandesrat Harald Dobernig:
    „Wir haben auch ein Programm, mit dem wir über die Finanzabteilung sehen, was heuer alles inseriert wurde.“
    Und wenn es ein Programm gibt, das  die Inseratenaufwendungen für 2010 analysieren kann, wieso dann nicht auch für 2008 oder 2009?
  3. Software sortiert nicht händisch:
    Mein Verständnis von Software ist nicht die, dass Programme „unzählige Belege händisch sichten“. Wie soll das gehen?
    Die Landesregierung arbeitet mit Finanzsoftware aus dem Hause SAP. Es wäre somit – guten Willen vorausgesetzt – jederzeit möglich, mit einer simplen SQL-Abfrage mein Auskunftsbegehren zu beantworten.
    Vorausgesetzt, die Rechnungen wurden korrekt verbucht, hätte man mir die Auskunft mit sehr überschaubarem Aufwand geben können.

4. Zum Schluss

Ich hoffe, keinen Formfehler begangen zu haben oder sonst irgendeine Frist versäumt zu haben. Andernfalls kann ich mir nur schwer vorstellen, warum mein Auskunftsbegehren nicht beantwortet werden kann.

Erwarte ich mir damit echte Transparenz und Kostenwahrheit? Nein. Schon bislang wurde mehr als nur einmal gezeigt, dass jeder Trick angewendet wird, um die wahren Kosten zu verschleiern. Landesgesellschaften bekommen zusätzliches Geld und damit die Verpflichtung, für Inserate aufzukommen.

Dazu stellt sich die Frage, wie kreativ die Buchhaltung des Landes gemacht wird. Wird wirklich alles auf den nötigen Kostenstellen verbucht. Und wenn ja, wie sieht man die entsprechende Kostenstelle in den Rechnungsabschlüssen?

Und schlussendlich drängt sich eine letzte Frage auf: Wenn ich morgen vor dem UVS Recht bekomme … wer sagt, dass ich die Daten wirklich bekomme?

5. Live aus dem UVS

Soweit dies möglich ist, werde ich live – oder zumindest unmittelbar danach – über den Fort- und Ausgang der Verhandlung berichten. Auf Twitter unter @georgholzer.

Ach ja: Daumen drücken schadet sicher nicht 🙂