VwGH zu Inseraten: So einfach geht’s nicht!

Im November 2009 wollte ich wissen, wie viel Kärntens Regierungsmitglieder im Jahr zuvor für Inserate ausgaben. Grund für mein – von allen Instanzen als legitim angesehenes – Auskunftsbegehren nach dem Kärntner Informations- und Statistikgesetz (K-ISG) war eine massive Häufung von Inseraten der öffentlichen Hand im Landtagswahlkampf 2009.

Die nachfolgende Grafik zeigt Wahlkampfinserate vom 1. Jänner bis 29. Februar 2009 in lediglich einer Tageszeitung, der Kleinen Zeitung.

Inserate im Landtagswahlkampf 2009

Darauf ist deutlich zu erkennen, wie sich vor allem Regierungsmitglieder einer Partei massiv mit Steuergeldern selbst bewarben. Dass dies demokratiepolitisch zumindest grenzwertig ist, fiel nur auf, als das Mengenverhältnis erstmals visualisiert wurde. Zudem sollte der Steuerzahler über die Summen Bescheid wissen – die Marketingaufwendungen in dieser Zeit werden mit bis zu zehn Millionen Euro kolportiert.

Ablehnung in zwei Instanzen

Ein Auskunftsbegehren kann auch abgelehnt werden, wenn triftige Gründe dagegen sprechen: Etwa, wenn persönliche Informationen Dritter erfragt werden oder wenn der Aufwand zur Beantwortung für das Amt zu hoch ist.

Sowohl der für Finanzen zuständige Landesrat, Harald Dobernig, als auch der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) begründeten die Ablehnung eben damit, dass der Aufwand zu hoch sei. Im Verfahren vor dem UVS wurde nicht einmal hinterfragt, wie hoch der Aufwand tatsächlich sei.

Das Urteil des UVS basierte einzig auf der Aussage des Leiters der Landesfinanzabteilung, Horst Felsner, wonach dies nicht in zumutbarer Zeit möglich wäre. Eine Beweiswürdigung wurde erst gar nicht als nötig erachtet.

Ich bin kein Jurist. Doch nach allem, was ich von Rechtsprechung verstehe, müssten zumindest Beweise vorgebracht werden, dass das Land trotz elektronischer Buchführung nicht in der Lage wäre, Zahlen mit vernünftigem Aufwand herauszufinden. Also beschritt ich den Weg zum Verwaltungsgerichtshofe (VwGH).

Urteil des VwGHRecht durch den Verwaltungsgerichtshof

Nach 21 Monaten bekam ich heute endlich den Spruch des VwGH zugestellt und er gibt mir Recht (Download als PDF).

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit in folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

In der Argumentation folgt der VwGH weitgehend meiner Argumentation. Zu Frage 1 (Höhe der Ausgaben) und 2 (Höhe der Rabatte) heißt es:

Hätte die belangte Behörde eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung vorgenommen, so hätte sie zu dem Ergebnis kommen können, dass, wie vom Beschwerdeführer vorgebracht, die begehrten Auskünfte aufgrund vorhandener Controlling-Mechanismen im Land Kärnten mit verhältnismäßig geringem Aufwand zu erteilen gewesen wären.

Auf gut Deutsch: Wenn das Land Kärnten Controlling-Mechanismen hat, müssten die Zahlen auf den Tisch gelegt werden. Dass diese vorhanden sind, wird niemand in der Regierung – nicht einmal Harald Dobernig – bestreiten.

Und noch etwas urteilte das Höchstgericht: Die Frage 3 hätte definitiv beantwortet werden müssen. Darin wollte ich Auskunft, in welchen Posten sich die Marketingausgaben der Landesregierung in den Rechnungsabschlüssen des Landes wiederfinden (oder vielmehr wo diese versteckt werden).

Salop ausgedrückt, urteilten die Höchstrichter, dass es nicht reiche, wenn das Land die Auskunft mit einem selbst vorgebrachten Argument – frei nach der Devise „Wollen wir nicht, können wir nicht, müssen wir nicht“ – verweigert.

Hubert SickingerAuswirkungen

Mein Auskunftsbegehren landet somit in Kürze wieder vor dem UVS. Dort muss es nun eine ernst zu nehmende Beweiswürdigung geben und geprüft werden, wie hoch der Aufwand tatsächlich ist, die Beträge für das Polit-Marketing zu ermitteln. Dieses Verfahren muss sich zudem auf die Argumente der Höchstrichter stützen.

Die österreichweiten Auswirkungen könnten durchaus gravierend sein, wie Politologe Hubert Sickinger erklärt: „Die erste Instanz, also das Amt selbst, könnte immer argumentieren, dass der Aufwand zur Auskunftserteilung zu hoch sei. Allerdings darf dies nie wieder in der zweiten Instanz – also dem UVS oder den neuen Landesverwaltungsgerichten – ohne Beweiswürdigung akzeptiert werden.“

Wenn der Aufwand tatsächlich zu hoch sei, so Sickinger weiter, sei die Behörde allerdings im Recht und die Auskunft müsse nicht erteilt werden.

Ich meine: Besonders glaubhaft ist das im Zeitalter elektronischer Buchführung nur dann, wenn äußerst sorglos mit Steuergeld umgegangen wird. Auch das wird nicht einmal der der Landesfinanzreferent zugeben wollen.

Mein Fazit des VwGH-Urteils: In Zukunft wird es für ALLE Ämter schwieriger, Zahlen & Daten vor Bürgern geheim zu halten.