Unsere Daten-Wunschliste

Besonders viel gestritten wurde vor vier Wochen in der Radio Kärnten Streitkultur nicht. Dafür gab es die Möglichkeit, Rolf Holub zu befragen. Wenn Politiker schon antworten, muss man das ausnützen! Meine Frage war:

Wann gibt’s endlich öffentliche Daten, mit denen man arbeiten darf?

Holubs Antwort: „Schicken Sie mir ein Mail, welche Daten gewünscht werden.“ Wie gesagt: Das war vor vier Wochen. Noch in der Nacht schrieb ich an diesem Blogpost und schlief – müde von einem langen Arbeitstag – vorm PC ein. Heute folgt sie nun endlich: die (niemals) finale Wunschliste für offene öffentliche Daten.

Grundsätzlich gilt: Alle Daten der öffentlichen Hand sollten öffentlich sein. Ausnahme: alle personenbezogenen Datensätze sollen weiter vertraulich bleiben! Aber mit irgendetwas muss ein Start gemacht werden.

Rolf Holub in der Radio Kärnten Streitkultur

Weshalb überhaupt die Frage?

Am 8. und 9. Juni geht an der Alpen Adria Universität das CreateCamp Klagenfurt über die Bühne. Im Rahmen der Veranstaltung treffen sich Personen, die gemeinsam Kreatives schaffen wollen. Dabei wird OpenData eine große Rolle spielen – es soll das erste Kennenlernen zwischen heimischen Entwicklern und öffentlichen Daten sein. Das ist auch dringend nötig, damit sich Softwareentwickler orientieren können. Um größtmögliche Wertschöpfung aus diesen Daten zu schöpfen, müssen Entwickler wissen, wie man mit diesen Daten umgeht, wie sie strukturiert sind oder welchen Lizenzregeln sie unterliegen.

Datenportal vor dem Start

Die Beschäftigung mit OpenData ist fix. Wir wollen mit Kärntner Daten arbeiten und nicht nur mit solchen aus Wien, Linz oder vom Bund.

Die gute Nachricht aus Kärnten: Es gibt bereits viele OpenData-Datensätze gibt es – sie müssen nur noch von der Politik freigegeben werden. Ebenso fix: Kärnten wird endlich ein Datenportal erhalten. Vor ziemlich genau einem Jahr bestätigte der damalige Landeshauptmann Gerhard Dörfler die Arbeiten daran. Mittlerweile sollte es so gut wie fertig sein und praktisch nur noch auf seine (politische) Eröffnung warten.

Wie wäre es mit einem Beta-Test? 😉

Welche Daten würde ich mir wünschen?

Klar! Ich wünsche mir alle Daten. Alles, das auf Kosten der Steuerzahler erhoben wurde und keine Daten von Privatpersonen enthält, soll uns allen gehören und uns allen Nutzen stiften. Weil dies nicht von heute auf morgen geht, möchte ich diese Wunschliste auf ein paar Datensätze konzentrieren, die einen sofort erkennbaren Mehrwert bieten und mit denen sogar ich als Nicht-Programmierer etwas anfangen kann.

Das wären …

  • Geodaten von Haltestellen:
    Es mag banal klingen, aber mit exakten Breiten- und Längengraden von Öffi-Haltestellen lässt sich eine ganze Menge machen. Beispiel pingeb.org: Wir könnten unser Geofence-Feature mit Leben erfüllen, um heimische Künstlerinnen und Künstler an noch mehr Orten vorzustellen.
    Derzeit gibt es an 50 STW-Haltestellen die knallgelbe Pickerln des Projekts. Wir wären mit diesen Daten in der Lage, Musik oder E-Books an allen Haltestellen anzubieten und so für Spaß an der Entdeckung heimischer Kunst sorgen. Ganz nebenbei wird der öffentliche Verkehr kurzweiliger unter interessanter.
    Exakte Koordinaten von Haltestellen zu haben, würde auch die Erstellung der ÖPNV-Karte (basierend auf OpenStreetMap) erleichtern.
  • Öffi-Fahrpläne:
    Aus der Verbindung von Haltestellen- und Fahrplandaten könnte ein Linzer Projekt auch in Klagenfurt umgesetzt werden. In der OÖ-Landeshauptstadt sieht man auf einer Karte, wo sich die Busse und Straßenbahnen gerade befinden (sollten).
    Dies wäre nicht nur ein guter Anhaltspunkt, wie lange man noch ungefähr warten muss. Es würde auch Verspätungen offensichtlicher machen und so den Druck für mehr Qualität der öffentlichen Verkehrsmittel erhöhen, was diese wieder attraktiver macht.
  • Radwegenetz:
    Wir alle wollen, dass immer mehr Leute mit dem Fahrrad unterwegs sind. Ein Teil der dafür nötigen Infrastruktur sind die Radwege selbst, der andere das Wissen über sie. Sowohl in der freien Karte von OpenStreetMap als auch bei Google Maps sind die Radwege in Klagenfurt nur sehr rudimentär vorhanden.
    Wie wäre es, wenn Apps befüllt werden könnten, mit denen man per Fahrrad besser navigiert? Welchen Nutzen hätte es, wenn Touristen wie Einheimische sich Fahrrad- oder Mountainbike-Strecken einfach auf ihr Garmin-GPS laden könnten?
    Die Daten des Radwegenetzes (und später nicht nur die) aus der Landes-GIS-Abteilung der Community zu übergeben, wäre ein perfektes Beispiel für mehrfachen Nutzen von OpenData:

    • Es würde Wertschöpfung schaffen, weil Anwendungen entwickelt würden, die Entwicklern (sollten sie die App oder den Service verkaufen) ein Einkommen bescheren können.
    • Die Bevölkerung hätte einen Nutzen von diesen Apps und spart womöglich Zeit.
    • Potenzielle Urlauber würden auf Portalen wie bikemap.net oder OpenMTB sehen, wie vielfältig die Strecken in Kärnten sind.
    • Bürger würden sich zurecht darüber beschweren, wenn in ihrer Nähe tendenziell sehr wenige Radwege eingerichtet sind.
    • Es wäre nachhaltig, wenn mehr Leute mit Fahrrädern unterwegs wären.

rad

  • Wasserstandsdaten:
    Ständig werden an Flüssen und Seen hydrografische Daten erhoben. Eine öffentlich mögliche Analyse dieser Pegelstände hätte beispielsweise den Bewohnern von Lavamünd  im Vorjahr Gewissheit geben können, ob der Verbund wirklich eine (Mit-)Schuld am Jahrhundert-Hochwasser trägt.
  • Luftgütedaten:
    An den Stadteinfahrten von Klagenfurt gibt’s halb-kaputte Leuchttafeln mit Werten wie der Feinstaubbelastung oder bodennahem Ozon. Diese Daten werden auf Kosten aller erhoben und sollten daher auch von allen genutzt werden dürfen. Die Wahrheit ist uns zuzumuten.

Werte Leserinnen und Leser: Weitere Datenwünsche bitte in die Kommentare.

Werter Rolf Holub, aber auch alle anderen Mitglieder der Landesregierung!
Und nicht zuletzt, Werter Herr Landeshauptmann!

Die Regierungserklärung mit einem klaren Bekenntnis zu Open Government erfüllte uns alle mit Hoffnung. Nichts auf meiner Wunschliste ist geheim, vieles ist bereits vorhanden und einiges muss ohnehin nach dem Umweltinformationsgesetz veröffentlicht werden.

Bitte gebt uns unsere Daten! Jetzt ein klein wenig zum Experimentieren. Und hört nicht auf damit! Alles muss öffentlich werden!

Nur wenn sich möglichst viele Entwickler möglichst früh und möglichst intensiv mit dem Datenmaterial auseinandersetzen, ist garantiert, dass viel Wertschöpfung im Lande bleibt. Irgendwann muss ohnehin alles veröffentlicht werden – eine Überarbeitung der Public Sector Information-Richtlinie ist nur eine Frage der Zeit und die verordnete Öffnung kann durchaus radikal sein.

Kommen unsere Leute erst sehr spät an solche Daten, werden andere darauf zugreifen und hier Apps und Dienste anbieten. Wer ist ihnen lieber? Heimische Entwickler oder amerikanische bzw. britische Firmen, die seit Jahren damit Erfahrungen haben?

national day of civic hacking

Übrigens hätte ich auch schon einen symbolträchtigen Zeitpunkt, um die OpenData-Initiative des Landes Kärnten mit Ihren Regierungskolleginnen und -kollegen zu verkünden: den kommenden Samstag. US-Präsident Barack Obama hat für den 1. Juni einen National Day of Civic Hacking ausgerufen. Keine Angst: Hacking hat nichts mit Datendiebstahl zu tun. Der Kern des Aufrufs:

Mit Hilfe öffentlicher Daten sollen Probleme der Gesellschaft gelöst werden.

Wir wollen das auch! Wir wollen auch Kärnten voran bringen und ein wenig an Lösungen arbeiten. Wenn man uns lässt.

Beste Grüße
Georg Holzer

OpenData: „Erst Schritte bis Anfang Juni“

So schnell kann’s gehen: Am Dienstag wurde er angelobt, heute stand der Interviewtermin mit Landeshauptmann Peter Kaiser.

Es war übrigens auch die erste Stunde Kaisers in seinem neuen Büro.

Interview LH Peter Kaiser

Auf k2020 wird es weitere Interviews mit den Mitgliedern der Landesregierung geben – ich möchte sie vor allem zu Transparenz in ihren Ressorts und OpenData befragen. Alle – von Kaiser über Holub, Waldner, Schaunig-Kanduth, Brettner bis hin zu Ragger und Köfer. Doch das wird noch dauern.

Je später die Interviews, umso besser, weil die Inhalte dann schon konkreter werden. Derzeit wird in vielen Bereichen erst geprüft, was machbar ist. Den Startschuss zur Serie markiert Landeshauptmann Kaiser (SPÖ), den ich vor allem zu den Ankündigungen in der Regierungserklärung befragte.

In der Regierungserklärung kommt gleich am Anfang OpenGovernment vor. Wann schätzen Sie, werden die ersten Daten zugänglich sein werden?
PETER KAISER: Die Erwartungen müssen realistisch sein. Gerade gestern im Koalitionsausschuss wurde besprochen, dass wir nun erstmals die Tagesordnung der Regierungssitzung vorab öffentlich machen. Diese kann nun öffentlich diskutiert werden (im Netz ist sie noch nicht zu finden, Anm.).

Sie haben auch angekündigt, die Regierungssitzungen selbst transparenter zu machen. Werden auch die Beschlüsse öffentlich gemacht?
KAISER: Ja, nach der Sitzung wird ein Protokoll über Beschlüsse und Mehrheitsverhältnisse öffentlich gemacht. Das war bislang nur intern der Fall. Der Landespressedienst wird das dann auch online stellen. Wir werden aber darauf achten müssen, keine personenbezogenen oder vertrauliche Daten zu veröffentlichen.

Zum Transparenzgesetz: Wann können wir mit einem aufgebohrten K-ISG und erweiterten Auskunftsrechten von Bürgern rechnen?
KAISER: Wir müssen uns das noch in einigen Details näher anschauen. Es soll vor allem den Finanzfluss des Landes Kärnten, insbesondere bei Förderungen und Zuwendungen von Steuer-Euros, nachvollziehbar machen. Wie weit wir hier gehen werden, ist noch nicht ganz ausgelotet.
Es gibt bereits jetzt Förderberichte wie jenen bei der Wirtschaftsförderung, die zumindest einer begrenzten Öffentlichkeit (Anm.: z.B. Landtagsabgeordnete) zugänglich sind. Ich möchte, dass wir im Sinne einer Transparenzdatenbank alle Förderungen öffentlich machen.

Premiere: LH Peter Kaiser im k2020-Interview

So wie in der Steiermark, wo bei der Wirtschaftsförderung alles bis auf den Cent online ist?
KAISER: Ich möchte es nicht auf die Wirtschaftsförderung beschränkt sehen. Auch die Landwirtschaft ist dabei ein wichtiger Bereich, der immer sehr mystifiziert wird. Es gibt aber Bereiche, wo ich mir noch keine endgültige Meinung gebildet habe und mir noch nicht sicher bin. Wie ist das mit Sozialzuwendungen? Dort, wo die Gefahr einer Stigmatisierung besteht, sollte man das lieber überdenken. Oder man könnte hier etwa die Summen, nicht aber die Empfänger auflisten.

Kurz zurück zum Thema OpenData. Schon Landeshauptmann Dörfler kündigte ein Datenportal etwa für Umweltdaten an. Am 8. und 9. Juni beschäftigen sich an der Uni Klagenfurt im Rahmen des CreateCamps Informatiker mit OpenData. Werden sie noch mit Wiener Daten in den Sandkasten steigen oder schon mit Kärntner Daten?
KAISER: Ich wage nicht zu sagen, wie schnell das gehen wird. Ich weiß, dass Rolf Holub, der für diesen Bereich zuständig ist, sicherlich sehr schnell tätig werden wird. Es wird nicht alleine von unserem politischen Wollen abhängig sein. Es bedarf auch der nötigen Infrastruktur. Bis Anfang Juni sollte es bestimmt erste Schritte in diese Richtung geben.

Im Bund gibt es aufgrund des Drucks der Initiative transparenzgesetz.at einen ersten Entwurf für ein solches Gesetz. Die Vorstellungen  der Staatssekretäre Ostermayer und Kurz wird allerdings auch kritisiert, weil es zu viele Ausnahmen gibt. Halten Sie es möglich, dass Kärnten transparenter sein wird als der Bund?
KAISER: Am liebsten wäre es mir, wenn das vom Bund abwärts bis zu den Gemeinden alles vereinheitlicht wird und man nicht je nach Ebene unterscheiden muss.

Mit weniger oder mehr Ausnahmen?
KAISER: Die Regel soll Menschen lenken. Je weniger Ausnahmen es gibt, umso besser wurde die Regel aufgestellt.

Premiere: LH Peter Kaiser im k2020-Interview

Wäre es für Sie vorstellbar, Verträge, die das Land mit Firmen abschließt, zu veröffentlichen?
KAISER: Diese juristische Insider-Kenntnis habe ich im Moment nicht und ich traue sie nur Schaunig und Waldner zu. Wir werden das prüfen. Ich will aber nicht mit einer gut gemeinten Regelung in andere Bereiche verletzend eingreifen. Bei Verträgen sollte im Normalfall nichts dagegen sprechen, die Sache ist aber mitunter sehr komplex. Ich hatte erst heute wieder ein Gespräch über einen Vertrag. Da ging es darum, ob das Mozartheim ein Studentenheim bleiben soll oder nicht. Da gibt es sehr viele Verträge, die man alle kennen muss, um den einen richtig lesen und verstehen zu können. Das fängt sehr schnell an, komplex zu werden. Deshalb zögere ich hier mit der Antwort etwas.

Es gilt noch immer der Proporz – daher eine Frage zum Landtag: Was wünschen Sie sich von „Ihren SP-Abgeordneten“? Dass diese Ihnen ordentlich auf die Finger schauen oder dass Gesetze leichter durchgehen?
KAISER: Das eine schließt das andere nicht aus. In den Koalitionsverhandlungen bin ich bei der Abschaffung des Proporzes auf die Bremse gestiegen, weil viele Details gut überlegt sein sollten.
Ein Beispiel ist die Frage, wie künftig die Regierungsbildung funktionieren soll. Wer soll einer Partei den Auftrag dazu erteilen? Wer lädt ein? Diese Institution gibt es derzeit noch gar nicht und man braucht jede Menge Übergangsbestimmungen. Wir müssen auch die Kontrollrechte der Opposition im Landtag stärken sowie Sanktionsmöglichkeiten schaffen.
Es gibt also viel Regelungsbedarf und so ist der Zeitplan bis 2014 ohnehin ein ehrgeiziger.
Es geht bei den geplanten Verfassungsänderungen auch um mehr als die Abschaffung des Proporzes. Etwa soll künftig verhindert werden, dass es monokratische Entscheidungen bei Veräußerung oder auch Anschaffung von Landesvermögen gibt. Hier sollte sich künftig der Landtag zwingend damit beschäftigen.

Ich habe Ihnen auch etwas mitgebracht – quasi ein symbolisches Einstandsgeschenk. Hat Ihr Dienstwagen diesen Aufkleber?
KAISER: Ich glaube nicht. Ich habe ihn jedenfalls noch nicht gesehen.

Premiere: LH Peter Kaiser im neuen Büro

In der Straßenverkehrsordnung steht, dass ein solcher Aufkleber auf jedem öffentlichen Dienstfahrzeug zu kleben hat. Auch Kleinigkeiten sorgen für mehr Transparenz weil daraus hervorgeht, wer dafür bezahlt hat. Werden Sie ihn aufkleben?
KAISER: Da habe ich etwas dazugelernt und werde sofort veranlassen, dass das geprüft wird. Vielleicht hängt es bei den Dienstwägen der Politiker damit zusammen, dass ich 675 Euro im Monat bezahle, um das Auto – sollte ich einmal Zeit haben – auch privat nutzen zu dürfen.

Sie sind ja für den gesamten Fuhrpark zuständig. Werden die Autos Ihrer Regierungskollegen auch bald so ein Pickerl tragen?
KAISER: Es wird rechtlich geprüft und wenn das so ist, wird das vollzogen. Ich sage Danke für den Hinweis.

Danke für das Gespräch und die Zeit.

Umzugskartons im Büro des neuen Landeshauptmannes

Das Interview wird es hier auch zum Nachhören geben. SoundCloud hat gerade Probleme, das Audiofile wird nachgeliefert.
Die Fotos gibt’s in einem Flickr-Set auch in voller Auflösung.

OpenData und ein TransparenzGesetz

Ich bin ein sehr emotionaler Mensch. Wenn mich etwas ärgert, bin ich fuchsteufelswild. Freue ich mich über etwas, werde ich überschwänglich.

Die Regierungserklärung von Peter Kaiser hat mich eben zu Freudentränen genötigt. Warum? Weil ich es in den letzten vier Jahren als meine Aufgabe sah, die Idee von Transparenz zu verbreiten und OpenData in die Köpfe der Leute zu bringen.

Peter Kaiser, (c) SPÖ Kärnten

Heute geht eine neue Regierung an den Start, die dies ganz vorne in ihr Regierungsprogramm (PDF-Download) geschrieben hat.

Es ist nicht wichtig, dass das Datenportal morgen steht. Vielmehr sollte OpenData nicht halbherzig und nach all ihren Prinzipien (vollständig, nicht aggregiert, zeitnah, zugänglich, maschinell verarbeitbar, nicht proprietär, nicht diskriminierend und lizenzfrei) umgesetzt werden. Sonst ist’s nicht das Papier oder den Slogan wert.

Auch ein TransparenzGesetz ist nicht schon morgen nötig. Auch hier gilt: Besser durchdacht, intensiver und mit möglichst wenigen (gut begründeten) Ausnahmen. Anleihen zu sehr weit gehender Transparenz gibt es viele. Selbst ultimative Transparenz ist keine juristische Innovation. In der Slowakei macht man sämtliche Verträge der öffentlichen Hand online zugänglich. Sämtlich. Sämtliche auch zehn Jahre rückwirkend. Und künftig zu schließende Verträge werden erst mit deren Veröffentlichung wirksam.

Koalitionsprogramm im Wortlaut

Zumindest für das Arbeitsübereinkommen der Koalition in den genannten Bereichen kann ich den Wortlaut bieten. Der Rest folgt wohl später am Abend über die Parteiseiten und auch den werde ich mir näher ansehen.

Mit dem Ziel des „Good Governance“ und im Sinne des „Open Government“ werden die Koalitionsparteien Informationen über Politik und Verwaltung grundsätzlich frei zugänglich machen, außer es gibt Gründe wie Datenschutz, die dagegen sprechen. Mit einem „Transparenzgesetz“ werden Informationspflichten der Landesorgane, des Landtages und der ausgegliederten Rechtsträger ausgeweitet.

OpenGovernment und Transparenzgesetz

Freilich: Jetzt gilt es, die Politik an das explizit Versprochene zu erinnern. Unser aller Aufgabe wird es nun sein, stets darauf zu pochen, dass das umgesetzt wird. Wann immer wir einen unserer neuen Politiker (egal ob Abgeordnete oder Regierungsmitglieder) sehen, müssen wir sie an ihr großes Versprechen erinnern und dieses einmahnen.

Endlich auch ein Medienthema!

OpenGov Thema - Kleine Zeitung-1

Eine andere persönliche Anmerkung kann ich mir nicht ersparen.

Mit Genugtuung sehe ich auch, dass nun OpenGovernment und OpenData endlich auch in den heimischen Medien ankommen muss. Wie oft habe ich mich in den letzten vier Jahren bei der Kleinen Zeitung vergeblich dafür eingesetzt, das Thema doch aufzugreifen? Einen „War for data“, wie ihn der Guardian geführt hatte, wollte man unter Kärntner Journalisten nicht einmal denken.

Aber vielleicht wird auch das ja noch. Man sollte die Hoffnung nie verlieren. Meine Konzepte kamen offenbar zu früh.

OpenGovernment-Veranstaltung

Am Samstag findet die erst zweite Veranstaltung zum Thema Open Data/Open Government in Kärnten statt. Meine Studentenverbindung, die K.Ö.St.V. Gral zu Klagenfurt im MKV bot mir die Gelegenheit dazu und hiermit möchte ich auch alle Interessierten dazu einladen. Die Veranstaltung steht jedem offen.

Wann? Samstag, 4. Juni, um 18:00 Uhr
Wo? Vereinslokal („Bude“) der K.ö.St.V. Gral Klagenfurt im MKV, Lichtenfelsgasse 3, Klagenfurt am Wörthersee
Wer? Georg Holzer, freier Journalist und Autor
Eintritt: frei, aber es wird wegen beschränktem Platzangebot um Anmeldung (Facebook-Event | E-Mail) gebeten.

Die Politikverdrossenheit der Österreicherinnen und Österreicher ist in rekordverdächtigen Höhen. Eine (Mit-)Schuld daran dürften die vielen Skandale und Skandälchen der letzten Zeit haben:

  • Layoutberatungen einer parteinahmen Agentur (im Tausch für Landesaufträge?)
  • NoNaNet-Sprüche mit dem unverblümten Angebot einer Staatsbürgerschaft gegen Leistung eines Entgelts (wo der Politiker auch „zuwikimt“)
  • Korruptionsverdacht beim Bau des Skylinks am Wiener Flughafen
  • Geld gegen Gesetze im Europaparlament
  • „Geheimabstimmungen“ über Erhöhung von Parteienförderungen im Landtag
  • Wahlkampfbroschüren auf Kosten der Landesregierung und eine Inseratenflut zu Lasten der Steuerzahler
  • Geheime Millionenverträge mit dem eigenen Steuerberater.
  • und und und … diese Liste lässt sich beinahe beliebig verlängern.

Und wenn Parlamente zu Abstimmungsmaschinen verkommen, selbst Landtage ihre Kontrollfunktion freiwillig einschränken, scheint die Postdemokratie nicht weit entfernt zu sein. In vielen Bereichen wird Transparenz gar beschnitten, Kontrolle selbst für die Opposition unmöglich gemacht. Will ein Bürger Auskunft bekommen, muss er sein legitimes Recht beim Verwaltungsgerichtshof erstreiten. Für viele muss der Eindruck entstehen, Politiker könnten tun und lassen, was sie wollen.

Doch es gibt einen Ausweg: Aus dem angelsächsischem Raum und Skandinavien kommend, gewinnt die OpenGovernment-Bewegung immer mehr Zulauf.

Was ist OpenGovernment?

Darunter versteht man nicht mehr und nicht weniger als die ultimative Transparenz des Staates gegenüber seinen Bürgern. Bis auf wenige Ausnahmen (Schutz der Privatsphäre der Bürger oder höhere öffentliche Interessen) sollen ALLE Daten, die der Staat produziert, veröffentlicht werden.

Um welche Daten geht es dabei?

  • Budgetdaten auch in Rohform bis auf Belegebene und Offenlegung aller geschlossenen Verträge
  • Veröffentlichung aller Wirtschaftsförderungen (wie etwa in der Steiermark bereits umgesetzt)
  • Geodaten zur weiteren Nutzung in Applikationen (Web, Handy) oder für Tourismuskarten
  • Umweltdaten in Echtzeit zu Emissionswerten aller Art
  • Demografische Daten: Statistiken aller Art
  • Bildungsdaten: Von der Adresse aller Bildungseinrichtungen bis hin zu Statistiken
  • Verkehrsdaten: Wo staut es sich gerade? Wo sind welche Parkhäuser wie ausgelastet? Wie viele Straßen fahren auf Straße X? Wo gibt es Unfallpunkte?
  • Kiminalitätsstatistiken: Wo finden Verbrechen statt? Wo fuhr die Polizei Streife?
  • Demokratiepolitische Daten: Welcher Abgeordnete hat wann wie gestimmt/gesprochen?
  • und vieles mehr

Das Wesentliche dabei: Diese Daten sollten computerlesbar und in Lizenzen veröffentlicht werden, die jedwede (auch kommerzielle) Weiternutzung ermöglicht.

Warum soll man so etwas machen?

  • Bezahler-Prinzip: Wir alle haben für die Erhebung dieser Daten mit unserem Steuergeld bezahlt, also sollten wir diese Daten auch nutzen dürfen.
  • Wissen ist Macht, breit gestreutes Wissen ist Kontrolle. Je größer die Verbreitung von Daten, umso größer die Prohibitivwirkung für Missverhalten (Stichwort: Korruption).
  • Qualität im politischen Diskurs: Man stelle sich vor, dass Argumente des einen Politikers vom anderen in Echtzeit mit Daten widerlegbar wären. Polemik und so manche (Not-)Lüge wären somit vom Tisch.
  • Wertschöpfung und Arbeitsplätze: Diese Daten beinhalten echte Schätze, die es zu heben gilt. So müssen alle Tourismus-Gemeinden jährlich einen sechsstelligen Betrag an Kartenverlage bezahlen, während die GIS-Abteilung auf Daten sitzt.
  • Treibstoff für die Demokratie: Die Veröffentlichung vieler Daten hätte zur Folge, dass sich mehr Leute als bislang damit beschäftigen. Je mehr aktive Teilhabe der Bevölkerung vorhanden ist, umso besser ist dies für die Demokratie.
  • Bessere Entscheidungsgrundlagen: Nicht selten treffen Politiker große Entscheidungen auf der Basis falschen oder mangelhaften Datenmaterials. Je breiter Daten gestreut sind, umso höher ist das kreative Potenzial bei deren Analyse.

Reine Utopie?
Nein, ganz und gar nicht! In Skandinavien, den USA und Großbritannien wurde die Umsetzung von OpenData-Prinzipien bereits gestartet. Die dort seit jeher geltende Informationsfreiheit gilt als entscheidender Vorteil gegenüber Österreich: Die Alpenrepublik ist das einzige Land der EU, wo das Amtsgeheimnis noch immer im Verfassungsrang ist und es keinerlei Kontrolle der Politik von außen (etwa bei Parteispenden) gibt.

Aber auch bei uns wird die Mauschelei ein Ablaufdatum haben. Erste Projekt gibt es bereits. Die rot-grüne Stadtregierung in Wien startete vergangene Woche ein Datenportal und auch Linz tut derzeit alles, um Datenkataloge zu öffnen.

Wann kommt es bei uns?
Wie gesagt, halte ich das nur für eine Frage der Zeit. Der Zustand, dass alles geheim ist, wird nicht mehr lange aufrecht zu erhalten sein!

  • Bürger fragen sich immer öfter: „Warum wird das vor mir geheim gehalten?“
  • Während kein Politiker offen gegen Transparenz argumentieren, dürfte es aber nach Grasser-Vorbild ein möglichst langes Abwehrgefecht dessen geben.

Aber aufzuhalten ist das nicht!

Spannende Fragen:
Mit ultimativer Transparenz tun sich auch zahlreiche Fragenkomplexe auf, die derzeit nur bedingt beantwortet sind.
Ich freue mich auf einen spannenden und zukunftsweisenden WA, der auch die eine oder andere Kontroverse hervorrufen wird.

OpenData-Lobbying: Ein E-Mail an Stephan Tauschitz

Heute sehe ich in der Kleinen Zeitung das rechts abgebildete (offenbar von der ÖVP bezahltes) Inserat des ÖVP-Klubobmanns Stephan Tauschitz. Darin fordert er nicht nur auf, dass Politiker keine Angst vor dem Steuerzahler haben sollte. Er bittet die Bevölkerung auch um Vorschläge und Wünsche an die Politik.

Die kann er haben!

Mich brachte das auf eine Idee: Vielleicht müssen wir alle, die die verheerenden Zustände der Politik in Kärnten kritisieren, mehr zu Lobbyisten in eigener Sache werden. Wieso schreiben wir nicht öfters unseren Abgeordneten. Mir scheint es fast so, als würden wir Wählerinnen und Wähler freiwillig unsere Stimme nach dem Wahlabend aufgeben.

Also! Schreiben wir Stephan Tauschitz (stephan.tauschitz@oevpklub.at) und allen anderen Abgeordneten und Bürgermeistern doch hin und wieder unsere Meinung, drücken unsere Sorgen aus und stellen Wünsche oder Forderungen. Wünsche und Forderungen, zu denen (siehe nachfolgendes „E-Mail“) eigentlich niemand „Nein“ sagen kann. Wünsche zu und Forderungen nach einem offeneren Kärnten mit weniger Polit-Reklame und mehr Arbeit für die Zukunft.

Uns soll schließlich niemand vorwerfen können, nur zu jammern und zu kritisieren. Wir wollen uns konstruktiv einbringen – so das überhaupt möglich ist. Wenn Sie, werte Leserinnen und Leser diese Anliegen teilen, können Sie den Text ganz einfach kopieren und in einem E-Mail einfügen. Schicken Sie es an einen Abgeordneten, viele Abgeordnete oder an Ihren Bürgermeister.

Sehr geehrter Herr Klubobmann!
Lieber Stephan!*

Es freut mich, dass Sie Ideen aufgreifen wollen und Bürgerinnen und Bürger um Meinungen und Vorschläge bitten. Diese Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen.

Um Ihnen die Möglichkeit einer etwaigen Antwort einfacher zu machen, erlaube ich mir die angesprochenen Themenblöcke zu nummerieren.

1. OpenData/OpenGovernment

Ich würde mich freuen, wenn sich die Politik endlich dem Thema Transparenz annimmt und überlegt, wie man dies erreichen kann. Ein Weg dahin wäre OpenData und OpenGovernment.

Gerade in Kärnten werden die Rufe danach immer lauter, wenn das Thema erst einmal in der breiten Masse ist, gibt es KEIN einziges Argument dagegen. Die Politik würde zwar ihre Deutungshoheit verlieren und zugleich einer unabhängigen, außerparlamentarischen Kontrolle unterzogen. Aber Schaden kann es nicht, wenn öffentliche Daten öffentlich werden. Wovon reden wir?

  • Finanzdaten (bis auf Belegebene) sind offenkundig die dringendst nötigen öffentlichen Daten, aber sicher nicht die einzigen, die OpenData meint. Es kann ganz einfach nicht sein, dass solche Daten – so es eine Publikationspflicht gibt – derart aggregiert und bewusst unlesbar gemacht werden, dass man damit nichts anfangen kann.
  • Geodaten: Wieso stehen die GIS-Daten des Landes nicht allen ohne Einschränkungen zur Verfügung? Alleine Tourismusgemeinden bezahlen weit mehr an Kartenverlage in Wien oder München, als das Land mit Geodaten einnimmt. Würden diese öffentlich und zugänglich sein, könnten einige Jobs und hohe Wertschöpfung im Lande entstehen, um diese Daten – günstiger als jetzt – für Kunden im Lande aufzubereiten.
  • Umweltdaten: Automatisierte Schnittstellen könnten Anwendungen ermöglichen, mit denen jede Kärntnerin und jeder Kärntner die aktuellen Emissionswerte ablesen kann.
  • Statistiken: In der Abteilung Landesstatistik lagern enorme Schätze, die es zu heben gilt. Daten alleine sind aber nichts wert, wenn sie nicht mit anderen Daten in Beziehung gesetzt werden. Ich hätte aus dem Stand Dutzende Fragen, die mit solche Daten beantwortbar wären. Sie müssen halt nur veröffentlicht werden – und wenn, dann in offenen Formaten und maschinenlesbar.
  • Kriminalität: Wieso darf der Bürger nicht wissen, wo Verbrechen stattfinden? In Kombination mit anderen Daten (etwa GPS-Tracks von Streifenfahrten der Exekutive) könnte er so für mehr Sicherheit bei ihm zu Hause argumentieren.
  • Verkehrsdaten: Wieso hat niemand umfassenden Zugriff auf alle Verkehrszählungen?
  • Steuerdaten: Ich würde gerne wissen, wie viel Lohnsummensteuer in Klagenfurt anfällt, weil ich das für die Argumentation einer weiteren Idee brauche. Wo bekomme ich die Zahlen dafür? Ich müsste jemanden im Finanzministerium bemühen und kann so etwas nicht automatisiert im Web abfragen.
  • Fotos vom LPD: Irgendwie schon komisch, dass der Steuerzahler gleich mehrere Fotografen im Land bezahlt, deren Fotos dürfen aber nur ganz wenige unter ganz bestimmten Voraussetzungen nutzen. Wie wäre es, die und alle anderen mit Steuuergeld erstellten Inhalte gleich offen als Gemeingut zu publizieren? Juristisch tragfähige Lizenzmodelle gibt es dafür zuhauf.

Wie diese beispielhafte Aufzählung zeigt, geht es um viele Daten der öffentlichen Hand – immer allerdings unter der Beachtung der Privatsphäre des einzelnen Bürgers. Es geht um den gläsernen Staat, nicht um den gläsernen Menschen!

Der Nutzen von einer Öffnung wäre enorm.

  • Bürger könnten ohne Probleme auf Daten zugreifen, deren Erstellung sie ohnehin bezahlt haben.
  • Software-Entwickler könnten auf diesen Daten aufbauen, Anwendungen schreiben und womöglich neue Geschäftsmodelle erschießen. Wie wäre es etwa mit einer Lebensqualitäts-App. Dem Nutzer könnte sie an jedem Ort Kärntens sagen, wie hoch hier die Lebensqualität ist. Wie viele Verbrechen finden statt? Wie ist die Luftgüte? Wie ist die Versorgung mit Kindergärten, Ärzten oder Handelsflächen in der Nähe? Jeder, der umzieht oder ein Haus baut, will so etwas.
  • Die Politik bekäme bessere Daten als Entscheidungsgrundlage. Vielfach sind die Daten derzeit zwar vorhanden, aber nicht abrufbar, die für so manchen Beschluss benötigt werden. Auch sind Außenstehende oft besser in der Lage statistische Analysten und Rechnungen anzustellen, als Beamte oder Politiker.
  • Mehr Kontrolle und Steuergerechtigkeit: Wenn allen Beamten und Politikern bewusst ist, dass alles irgendwann öffentlich wird, dann wird es sich der eine oder andere zweimal überlegen, ob etwas „Part of the Game“ ist.
  • Qualität im politischen Diskurs: Man stelle sich vor, dass jedes Argument eines Landtagsabgeordneten oder Bürgermeisters in Echtzeit verifiziert werden könnte. Polemik hätte keine Platz mehr, es ginge um echte Sachargumente.

All das ist keine Frage des „Ob“, sondern nur noch des „Wann“. Niemandem in der Bevölkerung kann man so etwas abschlagen, irgendwann wird jeder fragen: „Sollte das denn nicht schon längst der Normalzustand sein?“. Gerade im 21. Jahrhundert sollte man nicht mehr handeln und argumentieren können, als gäbe es keine Computer und kein Internet.

Und weil dies alles früher oder später sicher kommt, hat die Politik jetzt noch eine Chance: Die Zukunft kann noch gestaltet werden. Denn mit OpenData ändert sich Politik radikal.

2. Übertragungen aus dem Landtag

Mir ist unbegreiflich, warum es nun über sieben Monate dauert und es immer noch keinen Live-Stream aus dem Landtag gibt. Angeblich verhandelt Landtagsdirektor Robert Weiss immer noch. Was es da zu verhandeln gibt, ist mir allerdings schleierhaft.

Grundsätzlich gibt es zwei Lösungen dafür:

  • Einfach und zweckmäßig:
    Die laufenden Kosten für ein Livestreaming betragen exakt Null Cent. Im Salzburger Landtag musste man lediglich 120 Euro investieren, doch das war vor Jahren. Heute wäre das mit 30 bis 40 Euro getan. Womöglich muss man die Kamera im Plenarsaal noch tauschen. Aber das sind auch schon ALLE Kosten, die entstehen würden. Ach ja: Ein paar Mausklicks am Anfang der Sitzung wären auch noch nötig. Und das Consulting dafür habe ich kostenlos angeboten.
  • Gut und hochqualitativ:
    Freilich kann man das auch in sehr hoher Qualität produzieren. Kameraschwenks und der richtige Zoom zur richtigen Zeit liefern einen Mehrwert und könnten bei höherem Produktionswert mehr Publikum ansprechen. Aber das kann viel kosten, weil dafür Personal nötig ist.

Welche Lösung in einem hoch verschuldeten Land wie Kärnten zum Einsatz kommen sollte, liegt auf der Hand. Mal sehen, ob der Spruch „Besser wirtschaften“ das Papier wert war auf das er im Winter 2008/2009 plakatiert wurde.

3. Ausschüsse öffentlich machen!

Welchen Grund gibt es eigentlich, dass Ausschusssitzungen des Kärntner Landtages nicht öffentlich sind? In anderen Bundesländern (ich nenne hier wieder Salzburg) hat man sich schon vor Jahrzehnten von der Geheimhaltung verabschiedet. Als Begründung nannte man Transparenz. Der Bürger sollte Bescheid wissen dürfen, wie Gesetze zustande kommen und warum wie argumentiert wurde.

Auch in Kärnten hat ja niemand etwas zu verstecken, oder? Wieso sind Ausschüsse dann eigentlich geheim? Wieso passiert viel zu viel hinter verschlossenen Türen?

Mir fällt nur ein Argument ein und das sagen Ihre Salzburger Kollegen auch: „Wenn gepackelt wird, wird halt außerhalb des Ausschusses gepackelt.“ Aber das dürfte auch bei uns so sein. Oder diskutiert die ÖVP in Ausschüssen mit dem FPK alles vor den roten Kollegen?

4. Konzentration auf die Aufgaben

Betrachtet man die Landtagssitzungen der letzten Zeit, muss man unweigerlich einen Eindruck gewinnen: Es wird über alles diskutiert, das den Abgeordneten so einfällt. Ob man dafür überhaupt Kompetenzen hat, ist zweierlei – Hauptsache man sammelt populistische Punkte beim eigenen Klientel.

Hier einige Beispiele der jüngsten Vergangenheit: Kruzifixe in Schulen, die Landesverteidigung, das Internet, Kinderpornografie oder Google Earth. All dies sind Themen, die überhaupt nicht Materie des Landtages sind. Man könnte also gleich über schlechtes Wetter, gutes Essen, das Raumfahrtprogramm der Nasa oder die Funktionsweise von Rasenmähern diskutieren.

Das ist nicht nur pure Geldverschwendung (die Zeit der Abgeordneten kostet etwas), sondern lenkt von tatsächlichen Problemen ab. Wieso wird beispielsweise nicht über diese Themen diskutiert?

  • Was kann getan werden, damit weniger Kärntnerinnen und Kärntner zu digitalen Analphabeten werden?
  • Wie kann man durch einen „digitalen Landtag“ Geld sparen?
  • Welche Maßnahmen in der Raumordnung oder beim öffentlichen Verkehr könnten zu einer Reduktion der Feinstaub-Belastung beitragen?
  • Wie kann man der zukünftsträchtigen IT-Industrie in Kärnten (auch ohne Geld) unter die Arme greifen?
  • Wieso erarbeitet man Leitbilder wie das aktuelle von Martinz nicht auf breiterer Basis und mit mehr demokratischer Legitimation?
  • Ist der Teuerungsausgleichs-Hunderter (in Zeiten geringer Inflation) der richtige Weg zur Armutsbekämpfung oder gäbe es doch bessere Rezepte?
  • Was könnte getan werden, um den Kärntnerinnen und Kärntnern den Landtag und seine demokratischen Entscheidungsprozesse näher zu bringen? Sollte man nicht endlich auch eine zeitgemäße Website haben?
  • und und und …

Mir würden noch Dutzende anderer Fragen einfallen, die Kärnten mehr weiter bringen würden als das oft sinnlose Parteigeplänkel um Themen, bei denen man absolut nichts zu sagen hat. Könnte ja sein, dass jemand im Landtag Lösungen dafür hat. Könnte sein …

5. Ohne Gewaltenteilung kein Rechtsstaat

Ebenfalls sinnvoller eingesetzt wäre die Zeit der Abgeordneten, wenn sie sich auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren würde.

  1. Wahl des Landeshauptmannes
  2. Kontrolle der Regierung
  3. Erarbeiten und verabschieden von Gesetzen

Bis auf die Wahl des Landeshauptmannes (alle fünf Jahre) scheitert der Kärntner Landtag grandios an seinen anderen Aufgaben. Dabei ist Gewaltenteilung in Sinne der staatstheoretischen Schriften von John Locke und Montesquieu einer der Grundpfeiler eines jeden Rechtsstaats. Wo versagt dieser Rechtsstaat in Kärnten?

Kontrolle: Würde der Landtag wirklich kontrollieren wollen, wäre sein bestes Instrument, die Berichte des Rechnungshofes, nicht geheim. Wieso werden Rechnungshofberichte vor den Steuerzahlern geheim gehalten? Die ist überigens ein Unikat in Österreich: Die Berichte aller acht anderen Landesrechnungshöfe und jene des Bundesrechnungshofs sind öffentlich.

Gesetzgebung: Wie viele Gesetze kamen in den letzten Jahren (Jahrzehnten) aus dem Landtag und wie viele wurden per Regierungsvorlage aus der Landesregierung durch den Landtag gewunken? Hat der Landtag überhaupt noch Personal und Kapazitäten, um Gesetze machen zu können?

6. Schluss mit dem Proporz in der Regierung

Das Versagen des Landtages in den oben genannten Bereichen liegt ursächlich auch oder vor allem im Proporz. Dass keine der größeren Parteien in Kärnten in der Opposition ist, verteuert nicht nur die Regierung enorm, sondern führt zum einen oder anderen teuren budgetären Kuhhandel.

Ich frage mich, wie lange noch um den heißen Brei des Endes der Proporzregierung herumgeredet wird. Eigentlich sind eh alle dafür, doch weitergehen wird nichts. Man muss auch hoffen, dass nicht koalitionsintern die LH-Direktwahl da hineinpacktiert wird.

Und nicht zuletzt führt der Proporz auch zu weiterer Politik-Verdrossenheit. Warum? Weil sich selbst durch Wahlen gar nicht viel ändern kann. Weil die Bedeutung des Landtages zugunsten der Landesregierung stets abnimmt, machen selbst gröbere Verschiebungen um ein paar Prozentpunkte nichts aus. Als Politiker abgewählt zu werden, ist gar nicht so einfach – der D’Hondtschen Formel sei Dank.

7. Rücktrittskultur und politische Moral

Wann muss ein Politiker zurück treten? Ich frage mich das nicht erst seit der Aufforderung von Uwe Scheuch, doch ein wenig „Kleingeld“ für die Partei herwachsen zu lassen (über eine Agentur, dass er auch zuwikimmt“).

Kann einmal jemand IN der Politik politische Moral und Verantwortung definieren? In Kärnten ist man schon seit Jahren immer mehr daran gewöhnt, dass die Grenzen des gerade noch Erlaubten stets ein Stück weiter verrückt werden. Dass die Justiz bei Politikern zumindest auf einem Auge blind ist oder Verfahren soweit hinauszögert, dass Straftaten verjähren, weiß man in Österreich nicht erst seit dem Fall Strasser.

Also: Wann müsste ein Politiker in Kärnten zurück treten? Erst wenn er oder sie rechtskräftig verurteilt wurde? Oder gelten höhere moralische Ansprüche, die einen eheren Rücktritt nahe legen?

8. Transparenz bei der Parteienfinanzierung

Weil wir gerade im zwielichtigen Bereich sind … im Vorjahr hat die ÖVP einen (oder waren es ein paar) Zettel zu den Parteifinanzen veröffentlicht. Das bezeichnet man fortan als „supertransparent“ und meint auch heute noch in allen möglichen Reden vorm Parteivolk, dass man als einzige Partei, ach so transparent sei.

Nun: Wenn ich ein paar Zettel mit irgendwelchen nicht verifizierbaren Zahlen darauf dem Finanzamt vorlege, können die das glauben oder nicht. Im Zweifel werden sie mir es wohl nicht glauben und ich bekomme eine Steuerprüfung.

Parteien dagegen ist all das und noch mehr erlaubt. Parteien können tun und lassen was sie wollen und andere müssen es glauben (oder auch nicht).

  • Wieso sind Parteispenden nicht vollkommen transparent?
  • Wieso gibt es wie keinerlei Strafen bei Falschmeldungen? Als gutes Beispiel könnte man hier Deutschland erwähnen. Hier gibt es Geldstrafen von der mehrfachen Höhe nicht offengelegter Beträge oder sogar Haftstrafen für die Verantwortlichen.
  • Wieso ist man in Österreich derart blind, wenn es um Korruption und Parteispenden geht?
  • Wieso stört das nicht einen einzigen Politiker in Kärnten?

9. Rückforderung höchstwahrscheinlich illegaler Parteienfinanzierung

Eine kleine Erinnerung an Ihre Aussagen in der Vergangenheit. Nachdem die Wahlkampfbroschüre des BZÖ öffentlich geworden ist, haben Sie seinerzeit laut gerufen: „Das müssen die auf Heller und Pfennig zurückzahlen.“ Da der Rechnungshofbericht nun der Öffentlichkeit bekannt ist, könnte man auf Heller und Pfennig nachrechnen und nachfordern. 15 Prozent bei einigen diesbezüglichen Ausgaben und gar nichts bei anderen sind nicht nur mir, sondern auch dem Rechnungshof zu wenig.

Ich würde mir auch wünschen, wenn an vielen anderen Stellen nachgeschaut wird, ob nicht im einen oder anderen Fall (versteckte) Parteienfinanzierung passiert. Wohl in mehr als nur „im einen oder anderen Fall“ ist eine allzu lockerer Verschränkung aus Partei- und Landesfunktion vorhanden.

Arbeiten in der Landesregierung alle Mitarbeiter der Regierungsbüros tatsächlich nur für das Land? In welchen Jobs gibt’s mehr als bedenkliche Überschneidungen? Zur Erinnerung: Unter Landeshauptmann Christoph Zernatto war die Zahl der Mitarbeiter in den Regierungsbüros nur halb so hoch und das obwohl seit dem EU-Beitritt die Länderkompetenzen abgenommen haben.

Wurden vielleicht auch mehr Werbematerialien über die Landesregierung abgerechnet? Werden Dienstfahrzeuge mitsamt Chauffeuren ausschließlich für Dienstfahrten hergenommen?

10. Mehr Transparenz bei der Verwendung von Steuergeld

Es ist bizarr, wie wenig Kontrolle es beim Umgang mit dem hart verdientem Steuergeld vieler Kärntnerinnen und Kärntner gibt. Es ist ein Affront gegenüber dem Steuerzahlter, wie locker manchmal das Geld sitzt. Glaubt man der Finanzabteilung und dem UVS Kärnten, hat niemand im Land Kärnten auch nur einen groben Überblick, wie viel Geld beispielsweise ins Politmarketing (auch versteckte Parteienfinanzierung) fließt – und das obwohl es ein Riesenbrocken ist. Kolportiert werden hier Summen von bis zu zehn Millionen Euro pro Jahr.

Wie kann es sein, dass niemand sagen kann, wie viel und wie dieses Geld ausgegeben wurde und wird? Oder weiß man es doch und man lügt, um die Wahrheit zu verschleiern?

Und dann muss man sich noch fragen: Worüber weiß man noch nicht Bescheid? Welche Ausgabenbrocken sind noch unbekannt oder versickern zwischen Abteilungen, Bewirtschaftern und Budgetblöcken? Darf man alles tun und dies bewusst verschleiern, nur um dem Steuerzahler keine Rechenschaft liefern zu müssen? Hat überhaupt irgendwer Überblick? Bei welchen Millionenbrocken tappen Dobernig, Felsner & Co. noch im Dunkeln?

11. Mehr politische Mitbestimmung

In der Anzeige ist die Rede, Sie würden sich „mehr vom Schweizer Modell“ wünschen. Ich auch! Allerdings muss man dazu als Politiker den Mut haben. Denn mit einfacheren Volksbegehren, die dann ohnehin höchstens im Landtag behandelt werden müssen aber sonst keine Konsequenzen nach sich ziehen, ist’s nicht getan.

Volksabstimmungen auf Gemeinde- und Landesebene müssten einfacher zugänglich sein.

Und weil wir gerade von Volksbefragungen/-begehren/-abstimmungen reden: Abgesehen, dass eine solche Maßnahme bei Ortstafeln (Mehrheit entscheidet über Minderheit) völlig unangebracht ist … wenn, dann müsste man alle Kärntner befragen. Schließlich wird man auch als Klagenfurter, Villacher oder Spittaler außerhalb der Landesgrenzen für die Unfähigkeit der Politik in dieser Frage vera****t.

Schlussworte

Ihr Vergleich mit der Revolution in Ägypten im Inserat ist nicht weit hergeholt. Eines ist klar: Es brodelt und der nächste Skandal (á la Parteienfinanzierung, NoNaNet, Birnbacher, Hypo, Wahlwerbung etc.) könnte die Stimmung in Teilen der Bevölkerung endgültig explodieren lassen.

Gerade in Kärnten täte die Politik gut, transparenter zu werden. Gerade in einem Bundesland, in dem herbeigeredete und tatsächliche Skandalen nur so wuchern, könnte die Stimmung leicht überkochen. Darin besteht aber auch eine Chance – die Chance zur radikalen Veränderung und zu einem völlig neuem Selbstverständnis von Politik.

Ihr Georg Holzer

* Ich bin MKVer und daher verbindet mich üblicherweise auch das „Du“-Wort mit dem ebenfalls korporierten Stephan Tauschitz

“EU-Keule” für Transparenz

Auf die einfache Formel (Transparenz = Kosten) reduziert die Politik gerne die Pflicht der Rechenschaft und Information gegenüber dem Bürger. Bestes Beispiel dafür: Das Kärntner Informations- und StatistikGesetz (K-ISG). Es ist dies ein Gesetz, das Informationspflichten von Behörden gegenüber dem Bürger regelt. Auf Druck der Europäischen Union musste es (nach einiger Säumnis) geändert werden (Regierungsvorlage als PDF).

Ziel der so genannten Inspire-Richtlinie ist u.a. eine Öffnung der Geodaten für die Bürger Europas. Weiters soll der Zugang zu Umweltdaten deutlich erleichtert werden.

Im Kern der Diskussion standen weder die so entstehenden unglaublichen Möglichkeiten noch die verbesserte Informationen der Kärntner Bürger. Debattiert wurde lediglich, wie teuer das sei und wie böse die EU ist. Ein Abgeordneter sprach sich dagegen aus (angenommen wurde es einstimmig), weil er offensichtlich um ein defacto-Monopol seines Berufsstandes (Zivilingenieure) fürchtet.

Wie Europa „zugeschlagen“ und „mit der Keule geschwungen“ hat, kann man hier anhören oder als MP3 herunterladen (22:08 Minuten):

[audio:http://www.k2020.at/wp-inhalte/uploads/lt-k-isg-beschluss.mp3%5D

Die Herumraterei in der einzelnen Abteilung der Landesregierung bezüglich den Kosten offenbart auch einiges über den Zustand. Niemand scheint dort genau zu wissen, was die Umsetzung kosten soll oder wird. Traurig: Die Abgeordneten wissen nicht einmal, wie das umgesetzt werden soll (O-Ton Rolf Holub).

Kärntner Landtag

Besonders umfangreich ist übrigens der §19g mit dem vielsagenden Titel „Beschränkungen des Zugangs der Öffentlichkeit“.

Eigenartig an der Diskussion ist ferner, dass Kosten kein Problem darstellen, solange Informationen den Bürgern verheimlicht werden sollen. Ich bin mir sicher, dass mein Auskunftsbegehren mit zwei oder drei Anrufen hätte erledigt sein können. Stattdessen wird man die Herausgabe der Zahlen – unter hohem finanziellen Aufwand – wohl bis zur letzten Instanz durchfechten. Ich hoffe dies zwar nicht, bin dabei jedoch schlechter Dinge.

OpenData wird mit diesen Abgeordneten wohl schwer oder gar nicht umzusetzen sein. Ich wünsche mir mehr Druck aus Brüssel für eine Öffnung von Regierung und Verwaltung!

Was möglich wäre …

… wenn unsere Politiker es verstehen würden …

Sir Tim Berners Lee trat vor einem Jahr bei der TED-Konferenz auf und sprach von OpenData und LinkedData. Er betonte die Wichtigkeit der Veröffentlichung öffentlicher Daten und was damit möglich wäre.

Vor Kurzem kam TBL wieder zu TED – diesmal mit einem Riesen-Erfolg im Gepäck: Der OpenGovernment-Initiative des Vereinigten Königreichs, über die auf K2020 ausführlich berichtet wurde.

Es ist schon beeindruckend, was in einem Jahr weiter gegangen ist. Es ist großartig zu sehen, wie die Welle an OpenGovernment nicht mehr aufzuhalten ist. Nach den USA und UK formen sich nun auch Initiativen in Deutschland und irgendwann werden sich auch unsere Politiker öffnen müssen.

Danke, Tim!